a) Verletzung des Beifahrers
Wird der Beifahrer durch einen vom Fahrer und einem Dritten verursachten Unfall verletzt, haften der Halter des Kraftfahrzeugs, in dem der Beifahrer gesessen hat, und der Halter des anderen Fahrzeugs dem Beifahrer gegenüber gem. § 840 Abs. 1 BGB i.V.m. § 7 Abs. 1, § 17 Abs. 1 StVG in voller Höhe. Eine Unfallmitverursachung des Fahrers muss sich der Beifahrer nicht anrechnen lassen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Beifahrer selbst Halter des Kraftfahrzeugs ist (BGH NJW 1956, 1067) oder wenn er sich zu einem erkennbar fahruntüchtigen Fahrer ins Auto gesetzt hat.
Besonderheiten gelten bei einem Haftungsverzicht. Hat der Fahrer den Unfall leicht fahrlässig verursacht, kann er sich aber gegenüber dem Beifahrer z.B. wegen einer Gefälligkeitsfahrt auf einen stillschweigend geschlossenen Haftungsverzicht berufen (BGH VersR 1978, 625; 1980, 384, 385; OLG Frankfurt NJW 1998, 1232; OLG München DAR 1998, 17), wobei dieses Haftungsprivileg aber nur im Innenverhältnis gilt. Dies bedeutet, dass der Beifahrer den Unfallgegner auf vollen Schadensersatz in Anspruch nehmen kann, während sich der Dritte im Wege des Rückgriffs beim Fahrer bzw. Halter des Fahrzeugs, in dem der verletzte Beifahrer gesessen hat, nach §§ 7, 17, 18 StVG zumindest teilweise schadlos halten kann (vgl. BGH NJW 1989, 2386, 2387; MDR 1983, 219; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 426 Rn 19 ff.; a.A. die h.L., die den Ersatzanspruch des Beifahrers gegen den Dritten um den Verursachungsanteil des Fahrers kürzt).
Besonders liegt es, wenn für die Verletzung des Beifahrers neben dem Fremdschädiger auch ein Angehöriger (z.B. der Fahrer oder Halter des Kraftfahrzeugs) haftet. In einem solchen Fall ist der Anspruch des Geschädigten gegen den angehörigen Schädiger bzw. dessen Versicherer gem. § 242 BGB auf das beschränkt, was er bei einem Erhalt der Leistungen von Seiten des angehörigen Schädigers analog § 430 BGB im Verhältnis zum Sozialversicherungsträger behalten dürfte (BGH NJW 2018, 1242 Rn 22 ff.). Haftet nämlich aufgrund des Verkehrsunfalls neben dem angehörigen Schädiger ein Fremdschädiger für denselben kongruenten Schaden, so entstehen infolge der Regelungen des § 116 Abs. 1, 6 SGB X verschiedene Schuldverhältnisse, auf die die Regelungen der §§ 422 Abs. 1 S. 1, 426, 430 BGB entsprechend anwendbar sind (BGH NJW 2018, 1242 Rn 23).
Eine Haftungsersetzung nach §§ 104 ff. SGB VII führt zu einem Haftungsausschluss des Unternehmers für Personenschäden seiner Arbeitnehmer und zu einem Haftungsausschluss für Personenschäden zwischen Arbeitskollegen, wobei vor allem auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld ausgeschlossen ist. Zu beachten ist, dass die §§ 104 ff. SGB VII an den Versicherungsfall anknüpfen, wobei der Wegeunfall ausdrücklich vom Haftungsausschluss ausgenommen ist. Gleichwohl erfasst die Regelung zahlreiche Fälle des Straßenverkehrs, nämlich sämtliche Unfälle mit gewerblich genutzten Fahrzeugen, bei denen der Beifahrer verletzt wird. Dies ist z.B. der Fall bei der Beförderung von Arbeitnehmern durch einen Firmenbus von einer auswärtigen Arbeitsstelle zur Unterkunft (OLG Nürnberg r+s 1996, 61), bei der gemeinsamen Fahrt zur betrieblich angeordneten Weiterbildung oder Besichtigung (BGH MDR 1998, 596), beim allgemeinen Verkehr auf dem Werksgelände (OLG Hamm NZV 1994, 233), beim Parkverkehr auf dem Behördenparkplatz (BGH MDR 1995, 472) oder bei der Fahrt eines Schulkindes mit dem Schulbus (BGH MDR 1982, 479). In diesen Fällen greift der Haftungsausschluss der §§ 104 ff. SGB VII zu Lasten des geschädigten Beifahrers ein, so dass sein Anspruch gegen den Dritten um den Verursachungsanteil des Fahrers gekürzt wird (BGH MDR 1987, 749; OLG Köln zfs 1996, 372). Denn in Höhe des Haftungsanteils des Fahrers wird der Geschädigte durch den Unfallversicherer entschädigt. Haftungsprivilegierung aus familiärer und gesellschaftlicher Bindung (z.B. §§ 708, 1359, 1664 BGB, § 4 LPartG) sind bei der Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr wegen des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer nicht anwendbar (BGHZ 53, 352, 355; BGHZ 63, 51; OLG Hamm NJW 1993, 542).
b) Verletzung der Aufsichtspflicht
Wird ein Kind im Straßenverkehr verletzt, weil es unachtsam auf die Straße läuft und dort von einem Kraftfahrzeug erfasst wird, kann es neben einem Schadensersatzanspruch gegen den Kfz-Halter auch einen Anspruch gegen den Aufsichtspflichtigen aus § 832 BGB haben. Die Eltern können sich dabei auf die Haftungsprivilegierung des § 1664 BGB berufen, weil es sich bei der Aufsichtspflicht nicht um eine aus dem Straßenverkehr abgeleitete und gegenüber allen Verkehrsteilnehmern gleichermaßen bestehende Pflicht handelt (BGH MDR 1988, 766, 767; OLG Hamm NJW 1993, 542; NJW-RR 1994, 415). Wird die Aufsichtspflicht durch Kindergärtner oder Lehrer ausgeübt, greift die Haftungsersetzung nach § 106 SGB VII ein (OLG Schleswig NZV 1995, 24). Ob ein Mitverschulden der Aufsichtsperson zu berücksichtigen ist, ist differenziert zu sehen: Ist das Kind deliktsfähig i.S.d. § 828 Abs. 1, 2 BGB, also älter als 10 Jahre, ist sein Verhalt...