Für die (zwingende) Verwerfung des Einspruchs (vgl. wegen der Einzelheiten Göhler/Seitz/Bauer, § 74 Rn 19 ff. m.w.N.; Burhoff, HV, Rn 1389 ff.) gelten folgende Voraussetzungen:
a) Ordnungsgemäße Ladung
Der Betroffene muss ordnungsgemäß unter Hinweis auf die Folgen des unentschuldigten Ausbleibens (§ 74 Abs. 3 OWiG; zur Belehrung s. Göhler/Seitz/Bauer, § 74 Rn 21 ff.) geladen worden sein (vgl. dazu BVerfG NStZ-RR 2004, 372; s. OLG Zweibrücken NStZ 1996, 239 [bei kurzfristiger Vorverlegung der Terminsstunde kann der Hinweis unterbleiben]; OLG Hamburg NStZ-RR 1998, 183 [Sache, in der verhandelt werden soll, muss angegeben werden]; zur [verneinten] Frage, ob die Belehrung in einer früheren Ladung ausreicht, s. BayObLG NZV 1999, 306 und Göhler/Seitz/Bauer, § 74 Rn 22 m.w.N.), wobei Zweifel am Vorliegen einer ordnungsgemäßen Ladung ausnahmsweise nicht zulasten des Betroffenen gehen (OLG Jena StraFo 2004, 357; zur ordnungsgemäßen Ladung s. auch Burhoff ZAP F. 22, S. 940).
Hinweis:
Ist der gewählte Verteidiger nicht ordnungsgemäß oder überhaupt nicht geladen worden, kann der Einspruch nicht verworfen werden (BayObLG DAR 2001, 37; NStZ-RR 2001, 377; VRR 2012, 430).
b) Ausbleiben des Betroffenen
aa) Genügende Entschuldigung
Der Betroffene muss bei Beginn der Hauptverhandlung (s. Burhoff ZAP F 22, S. 944; Burhoff, HV, Rn 1416 1803), auch bei Beginn einer Fortsetzungsverhandlung (OLG Jena NStZ-RR 2003, 212 [Ls.]; s. aber LG Kiel VRR 2008, 38), ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben sein. Insoweit gelten grundsätzlich die zum Ausbleiben des Angeklagten, vor allem zu den §§ 329, 412 StPO für die Berufungsverwerfung wegen Ausbleibens des Angeklagten entwickelten Grundsätze (Göhler/Seitz/Bauer, § 74 Rn 29, 30 ff. m.w.N.; vgl. zur genügenden Entschuldigung auch Burhoff ZAP F. 22, S. 944; s. auch OLG Bamberg VRR 2012, 276 [kurzfristiges Überschreiten der bei einer Unterbrechung der Hauptverhandlung vorgesehenen Unterbrechungszeit]). Genügend entschuldigt ist der Betroffene z.B. auch, wenn ihm in der Ladung mitgeteilt worden ist, er sei zum Erscheinen in der Hauptverhandlung nicht verpflichtet (OLG Hamm NZV 1999, 307). Gegebenenfalls besteht eine Wartepflicht des Gerichts (vgl. Burhoff ZAP F. 22, S. 949 und aus neuerer Zeit KG VRR 2/2017, 18; JurBüro 2015, 604). Allerdings ist die Nichtbescheidung eines Akteneinsichtsgesuchs allein kein Grund, der Hauptverhandlung fernzubleiben (OLG Karlsruhe NStZ-RR 2010, 287; s. aber OLG Koblenz StV 2009, 477).
Hinweis:
Ist die Hauptverhandlung ohne ausdrückliche Befristung unterbrochen worden, um z.B. dem Betroffenen die Möglichkeit zu geben, ein gerichtliches Hinweisschreiben mit seinem Verteidiger zu erörtern, darf der Einspruch ohne Hinzutreten weiterer Umstände auch dann nicht verworfen werden, wenn der Betroffene und sein Verteidiger bei Wiederaufruf der Sache nicht erscheinen und die Unterbrechung bis zum Wiederaufruf nur kurze Zeit gedauert hat (KG NStZ-RR 2015, 55).
Die genügende Entschuldigung des Betroffenen prüft das Gericht im Wege des Freibeweisverfahrens (OLG Oldenburg VRS 88, 295). Hat es Zweifel an der genügenden Entschuldigung, sind die Voraussetzungen für die Einspruchsverwerfung nicht gegeben (s. u.a. OLG Düsseldorf StraFo 1996, 156; 1997, 82; zu allem auch Göhler/Seitz/Bauer, § 74 Rn 31 ff. m.w.N.; zur genügenden Entschuldigung bei verspäteter Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags OLG Düsseldorf VRS 88, 137). Das Gericht hat ggf. eine Aufklärungspflicht (s. IV. 2 b) bb). Ob der Betroffene entschuldigt ist, richtet sich i.Ü. nicht danach, was er selbst zur Entschuldigung vorgetragen hat, maßgebend ist, ob sich aus den Umständen, die dem Gericht zum Zeitpunkt der Entscheidung bekannt und im Wege des Freibeweises feststellbar waren, eine ausreichende Entschuldigung ergibt (KG VRS 129, 15 m.w.N.).
bb) Aufklärungspflicht des Gerichts
Das Gericht hat eine Aufklärungspflicht über die Gründe für das Ausbleiben des Betroffenen (vgl. u.a. KG StraFo 2015, 255; DAR 2011, 146; OLG Koblenz, Beschl. v. 23.10.2013 – 2 SsRs 90/13 [Vorlage eines Attestes]; OLG Schleswig zfs 2006, 53; OLG Zweibrücken zfs 2006, 233; LG Bielefeld VA 2016, 86); auch insoweit gelten die für das Ausbleiben des Angeklagten in der Hauptverhandlung des Strafverfahrens entwickelten Grundsätze entsprechend (vgl. dazu u.a. Burhoff ZAP F. 22, S. 940 ff.). Über die Gründe muss sich das Gericht vor der Verwerfung des Einspruchs erkundigen, und zwar auf der Geschäftsstelle (KG StraFo 2014, 467; 2014, 468; NZV 2009, 518; DAR 2012, 394; OLG Köln NStZ-RR 2003, 54; OLG Rostock VRS 126, 208), aber nicht auch noch bei der allgemeinen gerichtlichen Eingangsstelle (OLG Bamberg NStZ-RR 2009, 149; KG a.a.O.).
Der Betroffene ist nicht zur Glaubhaftmachung oder gar zum Nachweis der vorgebrachten Entschuldigungsgründe verpflichtet. Vielmehr muss der Amtsrichter konkreten Anhaltspunkten für mögliche Entschuldigungsgründe von Amts wegen nachgehen (KG StraFo 2015, 256; OLG Brandenburg, Beschl. v. 30.8.2016 – (2 B) 53 Ss-OWi 491/16). Ein konkreter Anhaltspunkt für einen möglichen Entschuldigungsgrund liegt z.B. vor, wenn dem Betroffenen in einem eingereich...