In Düsseldorf trafen sich Ende Oktober die Präsidentinnen und Präsidenten der Rechtsanwaltskammern zu ihrer diesjährigen Herbstversammlung, um sich mit den Herausforderungen der kommenden Jahre zu beschäftigen. Auf der Tagesordnung standen u.a. die Themen Legal Tech, Fremdkapitalbeteiligungen und das Berufsrecht der Insolvenzverwalter.
Zu Letzterem, dem Berufsrecht für Insolvenzverwalter, beschloss die Hauptversammlung nach intensiver Diskussion eines Eckpunktepapiers mit 23 Ja-Stimmen, den BRAO-Ausschuss und den Ausschuss Insolvenzrecht zu beauftragen, einen bereits bestehenden Vorschlag noch konkreter auszuarbeiten und insb. Details zur Zulassung und zur Ausgestaltung der Berufspflichten niederzulegen. 95 % der Insolvenzverfahren werden derzeit von Mitgliedern der Rechtsanwaltskammern betreut. Das aktuelle Eckpunktepapier sieht vor, die Berufsaufsicht über die Insolvenzverwalter in ein effektives und etabliertes Selbstverwaltungssystem zu integrieren, das von Erfahrung und Kompetenz geprägt ist und dadurch Segmentierung effektiv verhindert. Die guten Erfahrungen mit der unabhängigen – und staatsfernen – Selbstverwaltung einerseits und der funktionierenden Anwaltsgerichtsbarkeit andererseits sollen auch bei der Regulierung des Berufsrechts der Insolvenzverwalter eingebracht werden.
Einen weiteren Themenschwerpunkt bildete das Eckpunktepapier des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften (vgl. dazu zuletzt ZAP-Anwaltsmagazin 18/2019, S. 941). Hier begrüßte der zuständige BRAK-Aussschuss, dass den Berufsausübungsgesellschaften künftig grds. alle nationalen und europäischen Rechtsformen zur Verfügung gestellt werden sollen. Abzulehnen sei dagegen, dass allen ausländischen Gesellschaftsformen aus allen Ländern die Befugnis zur Rechtsdienstleistung und entsprechende Postulationsfähigkeit eingeräumt werden soll. Eine solche Öffnung des Rechtsmarkts sei mit der "Büchse der Pandora" zu vergleichen. Es fehlten selbst rudimentäre Regeln für die Einhaltung der originären in anderen Ländern bestehenden Berufspflichten. Dies könne keine Zustimmung finden.
Auch eine Öffnung des Fremdkapitalverbots – z.B. für Wagniskapital – sei strikt abzulehnen. Jedwede Einschränkung des Verbotes der Fremdbeteiligung sei inkohärent und gefährlich. Die beabsichtigte "Verbesserung interprofessioneller Zusammenarbeit" lehnte der Ausschuss ebenfalls nachdrücklich ab. Zum einen definiere das Papier nicht, was unter "vereinbar" zu verstehen sei. Zum anderen gefährde der Vorschlag den Schutz des Mandanten, dem die anwaltlichen Berufspflichten dienen. Ein rechtspolitisches Bedürfnis nach derartiger Zusammenarbeit bestehe in keinerlei Hinsicht. Kritisiert wurde auch, dass das Eckpunktepapier zur Unabhängigkeit der Anwaltschaft, zur Verschwiegenheitspflicht und zum Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen schweige, obwohl es sich um Kernwerte des Anwaltsberufes handele.
Intensiv befasste sich die Hauptversammlung ferner mit den Entwicklungen im Bereich Legal Tech. Eine ausschussübergreifende Arbeitsgruppe der BRAK hat sich intensiv mit dem Thema befasst und kam zu der auch vom BRAK-Präsidium vertretenen Auffassung, dass kein Regulierungsbedarf im Rechtsdienstleistungsgesetz bestehe. Auch wenn jeder neue technische Fortschritt zu begrüßen sei, müsse im Rahmen der digitalen Entwicklungen sichergestellt werden, dass eine qualifizierte Rechtsberatung erfolge. Es dürfe, so der zuständige Referent, keine Rechtsdienstleistung "unterhalb der Anwaltschaft" geben. Dies sei im Allgemeinwohlinteresse der Bürger. Die 28 Rechtsanwaltskammern wollen das Thema jedoch noch weiter in den Vorständen erörtern.
BRAK-Präsident Rechtsanwalt und Notar Dr. Ulrich Wessels betonte zum Ende der Veranstaltung, dass sich der Anwaltsberuf im Umbruch befinde und vor vielen spannenden Herausforderungen stehe. Die Anwaltschaft sei auf jeden Fall zukunftsorientiert. Dies stimme ihn zuversichtlich.
[Quelle: BRAK]