In den vorstehenden Fällen negativer und ideeller Immissionen ist der Blick ausschließlich auf die zentralen nachbarrechtlichen Abwehr- und Beseitigungsansprüche vom Ergebnis her unvollständig und damit auch falsch. Denn in einzelnen Fällen kann man über einen "Umweg" vorgehen und so erreichen, dass die Beeinträchtigungen zukünftig unterbleiben.
a) Härtefall
Unter Verweis auf den BGH, der die Frage anderer Beurteilung bei ideellen Immissionen in besonders krassen Fällen offengelassen hat, empfehlen Borrmann/Greck (ZMR 1989, 130 f.), die störende ideelle Einwirkung im Klägervortrag besonders krass erscheinen zu lassen. Dies setzt voraus, dass die Unterschiede zu den bislang entschiedenen Fällen dargelegt werden, die die Einwirkung als besonders schwerwiegend und beeinträchtigend erscheinen lassen. Ziel ist in diesen Fällen der Versuch, über die Grundsätze des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses eine Ergebniskorrektur zu erreichen und nachzuweisen, dass diese Korrektur aus dem Gebot von Treu und Glauben zwingend notwendig erscheint (OLG Frankfurt, ZMR 2000, 378 für einen Abwehranspruch gegen den Entzug von Windenergie durch Windkraftanlagen auf dem Nachbargrundstück).
b) Wertminderung des Grundstücks
Borrmann/Greck (a.a.O.) halten auch eingetretene Wertminderungen des Grundstücks infolge beeinträchtigender ideeller Immissionen für anspruchsauslösend.
c) Umweltbewusstsein
Auch ein gesteigertes Umweltbewusstsein, das durch ideelle, ästhetische und negative Einwirkungen beeinträchtigt sein kann, könnte anspruchsauslösend sein. Dies ist freilich in Rechtsprechung und Literatur bislang umstritten (vgl. die einzelnen Nachw. bei Borrmann/Greck, a.a.O.).
d) Ordnungsbehördliche Tatbestände
Wenn von der Nutzung oder dem Zustand des Nachbargrundstücks Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen, wie dies z.B. beim Verwildernlassen eines Grundstücks, beim Betrieb eines Bordells, bei der Nutzung des Grundstücks als Schrotthalde oder als Lagerplatz für Baumaterial, Baugeräten und Gerümpel (so VG Berlin Grundeigentum Berlin 1994, 862) der Fall sein kann, lässt sich durch Einschaltung der Ordnungsbehörden erreichen, dass der Zustand oder die Nutzung des Nachbargrundstücks in eigenem Sinne positiv verändert wird. Bei der Lagerung von Müll kann dies z.B. infolge einer Ungezieferplage der Fall sein. Bei der Lagerung von Schrott kann es zum Auslaufen von Ölen, Betriebs- und Kraftstoffen oder auch zum Auslaufen gefährlicher Chemikalien kommen. Beim Betrieb eines Bordells kann die Gefährdung der Sittlichkeit oder des Jugendschutzes in Betracht kommen.
e) Bauordnungsrecht/Baugenehmigungsverfahren
Auch über die Schiene des Bauordnungsrechts lassen sich aus Sicht des betroffenen Nachbarn unbefriedigende zivilrechtliche Teilergebnisse im Einzelfall angemessen korrigieren.
In allen Fällen, in denen ein Bauvorhaben keiner speziellen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach dem BImSchG bedarf, hat die Baugenehmigungsbehörde innerhalb ihrer Bearbeitung des Bauantrags vor Erteilung einer Baugenehmigung die immissionsrechtlichen Auswirkungen des beantragten Vorhabens zu prüfen sowie darüber zu befinden, ob diese mit dem geltenden Immissionsschutz zu vereinbaren ist. Deshalb kann auch innerhalb eines Nachbarwiderspruchs gegen eine erteilte Baugenehmigung geltend gemacht werden, das Bauwerk führe für den betroffenen Nachbarn zu Lichtreflexen oder zu Lichtentzügen, die nicht hinnehmbar seien. Dieser Vortrag war innerhalb einer Widerspruchsbegründung gegen eine Baugenehmigung für Windenergieanlagen auf dem Nachbargrundstück mit dem Hinweis erfolgreich, die sich ständig drehenden Rotorblätter führten ebenfalls bei Sonnenwetter und insbesondere bei tiefem Sonnenstand zu ständig wechselnden Lichtreflexen (OVG Münster NVwZ 1999, 1360).
Auch kann das Bauordnungsrecht in den "Bordellfällen" zu einer Ordnungsverfügung gegen das nachbarliche Etablissement mit Nutzungsuntersagung in Fällen führen, in denen rein zivilrechtlich mangels "Außenwirkung" keinerlei Abwehransprüche bestehen (dazu Jauernig JZ 1986, 605 ff.).
f) Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
Bewirken ideelle Immissionen die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, so kann dies anspruchsauslösend sein, wenn sich die Aktion gezielt gegen den Nachbarn richtet. Daher sind Umstände darzulegen, die die ideelle Immission als gezielte Provokation und Schikane des anderen erscheinen lassen (so zu Recht: Borrmann/Greck, a.a.O., 131 m.w.N. zur Rechtsprechung).
g) Landesnachbarrecht
Was die Entziehung von Licht und Luft durch Pflanzen oder durch Gebäude angeht, so kann man sich auf verletzte Grenzabstandsvorschriften (außer bei Straßenbäumen, für die Abstandsregelungen der Nachbarrechtsgesetze nicht gelten: VG Berlin, Urt. v. 13.4.2010 – 1 K 408.09, juris) berufen. Sie sind für Gebäude in den Landesbauordnungen und in den Landesnachbarrechtsgesetzen mit Geltung für den unbeplanten Außenbereich sowie für Pflanzen in den landesnachbarrechtlichen Vorschriften geregelt. Grenzabstandsvorschriften haben nachbarschützende Wirkung.
Dies gilt im Grunde auch für die Wiederherstellung einer ungestörten Aussicht, die für sich weder im Nachbarrecht noch im Baurecht Schutzwirkung für den Nachbar...