Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 StVG und § 46 Abs. 1 S. 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das gilt nach § 46 Abs. 1 S. 2 FeV insb. dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 kann bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis die Fahreignung bejaht werden, wenn Konsum und Fahren getrennt werden, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen stattfindet und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Die Bewertungen der Anlage 4 gelten nach Nummer 3 ihrer Vorbemerkung für den Regelfall. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechende Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Gemäß § 14 Abs. 1 S. 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden, wenn eine gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach StVG begangen wurden.
Hinweis:
Gelegentlicher Konsum von Cannabis i.S.v. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt vor, wenn der Betroffene in zumindest zwei selbstständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn 19 ff. m.w.N.).
Nach dem Urteil des BVerwG vom 11.4.2019 (3 C 13.17, VkBl 2019, 448 = DAR 2019, 338 f.) muss der Betroffene für eine Bejahung seiner Fahreignung nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 Konsum und Fahren in einer Weise trennen, dass durch eine vorangegangene Einnahme von Cannabis eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften unter keinen Umständen eintreten kann. Im Hinblick auf die schwerwiegenden Gefahren, die von in ihrer Fahrsicherheit beeinträchtigten Kraftfahrzeugführern für Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer ausgehen könnten, sei es auch vor dem Hintergrund der staatlichen Pflicht, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten, geboten, solche Risiken soweit wie möglich auszuschließen. Dementsprechend werde das Trennungsgebot nicht erst dann verletzt, wenn mit Sicherheit eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit anzunehmen sei oder es zu einer signifikanten Erhöhung des Unfallrisikos komme (so noch VGH München, Beschl. v. 4.6.2007 – 11 CS 06.2806, juris Rn 20 m.w.N.), sondern bereits dann, wenn die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit bestehe oder – negativ formuliert – eine solche Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen werden könne (ebenso u.a. OVG Hamburg, VRS 132, 140, 145; VGH Mannheim, VRS 130, 272, 273; OVG Berlin-Brandenburg, Blutalk 53, 393, 395; OVG Bremen, Blutalk 53, 275 f.).
Hinweis:
Ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt vor, wenn ein gelegentlicher Cannabiskonsument den Konsum und das Führen eines Kraftfahrzeugs im Ergebnis nicht in der gebotenen Weise voneinander trennt. Unerheblich ist, ob die unterbliebene Trennung darauf zurückzuführen ist, dass der Betroffene nicht in der Lage war zu trennen ("Trennen-Können" oder "Trennungsvermögen") oder dass ihm die Bereitschaft zum Trennen von Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs fehlte ("Trennungsbereitschaft").
Allerdings hebt das BVerwG hervor, dass bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis, der erstmals unter einer seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat, die Fahrerlaubnisbehörde i.d.R. nicht ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen und ihm unmittelbar die Fahrerlaubnis entziehen dürfe. In solchen Fällen habe sie gem. § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 S. 3 FeV nach pflichtgemäßem Ermessen über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden (teilweise Aufgabe von BVerwG, Urt. v. 23.10.2014 – 3 C 3/13).