Die Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gesellschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen (die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben) neben dem Regelbedarf nach Maßgabe von § 28 Abs. 2–7 zusätzlich berücksichtigt (§ 28 Abs. 1 S. 1) und sind für diesen Personenkreis Teil des Alg II (§ 19 Abs. 2). Die Leistungen nach § 28 Abs. 2, Abs. 4-7 sind gesondert zu beantragen, § 37 Abs. 1 S. 2 (zum Antragserfordernis s. näher nachfolgend in Teil 3, IV 2).
Die Vorschriften wurden mit Wirkung vom 1.1.2011 in das SGB II eingefügt und sind eine Reaktion auf das oben unter II erwähnte Urteil des BVerfG vom 9.2.2010. Das Gericht hat dort unter Rn 191 f. u.a. beanstandet, der Gesetzgeber habe das Existenzminimum minderjähriger Kinder, die mit ihren Eltern in häuslicher Gemeinschaft leben, nicht ermittelt, obwohl schon Alltagserfahrungen auf einen besonderen kinder- und altersspezifischen Bedarf hindeuten. Kinder seien keine kleinen Erwachsenen. Ihr zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums zu deckender Bedarf habe sich an kindlichen Entwicklungsphasen auszurichten und an dem, was für die Persönlichkeitsentfaltung eines Kindes erforderlich ist. Zusätzlicher Bedarf bestehe v.a. bei schulpflichtigen Kindern, bei denen notwendige Aufwendungen zur Erfüllung schulischer Pflichten existenziell notwendig seien. Ohne Deckung dieser Kosten drohe ihnen der Ausschluss von Lebenschancen, weil sie ohne den Erwerb notwendiger Schulmaterialen die Schule nicht erfolgreich besuchen können. Bei schulpflichtigen Kindern, deren Eltern Leistungen nach dem SGB II beziehen, bestehe die Gefahr, dass ohne hinreichende staatliche Leistungen die Möglichkeit eingeschränkt wird, später ihren Lebensunterhalt aus eigenen Kräften bestreiten zu können. Das sei mit Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) nicht vereinbar.
Zu den Leistungen gehören:
- Aufwendungen von Schülerinnen und Schülern für Schulausflüge und mehrtägige Klassenfahrten i.R.d. schulrechtlichen Bestimmungen, auch für Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, § 28 Abs. 2,
- Pauschalen für die Ausstattung mit dem persönlichen Schulbedarf, § 28 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 3 und 3 SGB XII, derzeit 150 EUR pro Schuljahr,
- Schülerbeförderungskosten nach § 28 Abs. 4,
- Kosten für eine schulische Angebote ergänzende, angemessene Lernförderung, insofern besteht nach § 37 Abs. 1 S. 2 ein gesondertes Antragserfordernis, § 28 Abs. 5,
- Aufwendungen für eine gemeinschaftliche Mittagsverpflegung von Schülerinnen und Schülern sowie Kindern, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, § 28 Abs. 6,
- eine Pauschale von derzeit 15 EUR – ggf. können im Einzelfall auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden – für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft nach § 28 Abs. 7.
Die konkrete Leistungserbringung – durch Sach- und Dienstleistungen, insb. in Form personalisierter Gutscheine, Direktzahlungen oder Geldleistungen – regelt § 29.
Nach § 30 können Leistungsberechtigte bei berechtigter Selbsthilfe vom Leistungsträger Erstattung ihrer Aufwendungen für Bedarfe nach § 28 Abs. 2–7 verlangen.
ZAP F. 18, S. 1189–1194
Von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht und für Arbeitsrecht Dr. Ulrich Sartorius, Breisach