Im Hinblick auf den das öffentliche Dienstrecht beherrschenden Grundsatz der Ämterstabilität muss bei der Konkurrenzsituation um die Besetzung einer höherwertigen Stelle der unterlegene Bewerber grds. den Weg über die einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO beschreiten, um die Besetzung der Stelle mit dem ausgewählten Bewerber zu verhindern. Ausnahmsweise kann der unterlegene Bewerber im Falle der Beförderung des ausgewählten Bewerbers dessen Beförderung anfechten, wenn im Besetzungsverfahren die Möglichkeit zur Erlangung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG nicht eingeräumt worden ist. Das BVerwG hat in seinem Beschl. v. 15.1.2020 (2 B 38.19, IÖD 2020, 103 ff.) vor dem Hintergrund seiner bisherigen Rechtsprechung (BVerwGE 163, 36 Rn 13 f.) klargestellt, dass die Begründetheit einer Anfechtungsklage gegen die Ernennung eines Mitbewerbers nach § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO nicht das Verschulden des Amtswalters des Dienstherrn voraussetze; das Erfordernis betreffe allein einen Schadenersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs eines Bewerbers und nicht die – ausnahmsweise zulässige – Anfechtung der Ernennung eines Konkurrenten.
Weiterhin hat sich das BVerwG mit der Frage befasst, ob es eine zeitliche Grenze gibt, bis wann der unterlegene Bewerber bei der Konkurrentenklage sein Recht zur Anfechtung der Ernennung des Konkurrenten geltend machen muss, also ab wann er sein Recht verwirkt hat.
Hinweis:
Die Verwirkung, eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der auch im öffentlichen Dienstrecht anwendbar ist, erfasst sämtliche subjektiv-öffentlichen Rechte eines Bewerbers, sofern nicht der Gesetzgeber bestimmte Rechtspositionen ausdrücklich ausgenommen hat. Die Verwirkung bedeutet, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden kann, weil seit der Möglichkeit der Geltendmachung eine längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung des Rechts unter Berücksichtigung des beim Verpflichteten oder bei einem Dritten daraus erwachsenden Vertrauens als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Seit der Entstehung des Rechts und der Möglichkeit seiner Geltendmachung muss längere Zeit verstrichen sein (Zeitmoment) und der Berechtigte muss unter Verhältnissen untätig geblieben sein, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt (Umstandsmoment).
Das BVerwG stellt heraus, dass einzelfallbezogene Erkenntnisse in die Bewertung einbezogen werden müssten. Zu den in die Gesamtbewertung einzustellenden Gesichtspunkten gehöre auch der Aspekt, ob und inwieweit der Berechtigte von der Existenz des ihm zustehenden Rechts, auf dessen Nichtausübung der Verpflichtete – oder ein begünstigter Dritter – vertraue, überhaupt Kenntnis gehabt habe. Jedenfalls sei die Festsetzung einer festen zeitlichen Grenze, bei deren Überschreitung die jeweilige prozessuale Befugnis oder das materielle Recht verwirkt sei und die den Kenntnisstand des Berechtigten hinsichtlich der ihm zustehenden Rechte unberücksichtigt lasse, nicht möglich.