1. Bestimmung des zuständigen Gerichts im Überstellungsverfahren
Gemäß § 52 Nr. 2 S. 3 VwGO ist in Streitigkeiten nach dem Asylgesetz das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich – auch für die Mitwirkung des Bundesamts im sog. Dublin-Verfahren – nach § 52 Nr. 3 VwGO und – soweit auch danach keine örtliche Zuständigkeit bestimmt werden kann – nach der Auffangregelung in § 52 Nr. 5 VwGO.
Das BVerwG hat in seinem Beschl. v. 10.2.2020 (1 AV 1.20) bestimmt, dass dann, wenn der Antrag gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtet werde, auf den Sitz der Behörde abzustellen sei, die gehandelt habe oder handeln solle. Der mit der Schaffung von § 52 Nr. 2 S. 3 VwGO verfolgte Zweck einer asylrechtlichen Zuständigkeitsdezentralisierung zur Entlastung des VG Ansbach und des BayVGH (BT-Drucks 8/1836, S. 4; 8/1935, S. 5 sowie 8/1936, S. 5 f.), ohne dabei unterschiedliche Verfahrensabschnitte unterschiedlichen Gerichten zuzuweisen (BT-Drucks 9/875, S. 27), streite für eine weite Auslegung dieser Bestimmung. Maßgeblich sei, ob das Asylanerkennungsverfahren im weiteren Sinne betroffen sei (BVerwG Buchholz 310 § 50 VwGO Nr. 11 S. 2 f.). Die Abgabe von Erklärungen in einem Überstellungsverfahren sei genauso wie die Überstellung selbst zwar nicht im Asylgesetz, sondern in der Dublin III-VO geregelt. Das unionsrechtliche Verfahren zur Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats und eine daran anknüpfende Überstellung stünden als denknotwendige Vorstufe aber in einem engen Zusammenhang mit dem im Asylgesetz geregelten Asylanerkennungsverfahren.
2. Subsidiärer Schutz bei unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung wegen der schlechten humanitären Situation im Herkunftsland
Ein Ausländer ist nach § 4 Abs. 1 AsylG – vorbehaltlich der in § 4 Abs. 2 AsylG normierten Ausschlussgründe – subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: (1.) die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, (2.) Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder (3.) eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Nach § 4 Abs. 3 AsylG gelten die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend, wobei an die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung bzw. der begründeten Furcht vor Verfolgung die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden bzw. die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens treten; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben aus der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung, ABl L 337, S. 9) – sog. Anerkennungsrichtlinie – zum subsidiären Schutz umgesetzt.
Für die Kriterien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AsylG ist nach dem Urteil des BVerwG vom 20.5.2020 (1 C 11/19) – wie bei § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK – aufgrund weitgehend identischer sachlicher Regelungsbereiche (BVerwGE 146, 12 Rn 36) auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 3 EMRK zurückzugreifen. Danach haben die sozio-ökonomischen und humanitären Bedingungen im Abschiebezielstaat weder notwendig noch ausschlaggebenden Einfluss auf die Frage, ob eine Person tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein (EGMR, Urteile v. 28.6.2011 – Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und Elmi, Rn 278 und v. 29.1.2013 – Nr. 60367/10, S.H.H., Rn 74). Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reiche nach dieser Rechtsprechung allein nicht aus, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK annehmen zu können. Denn die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ziele hauptsächlich darauf ab, bürgerliche und politische Rechte zu schützen. Anderes gelte nach der Rechtsprechung des EGMR nur in besonderen Ausnahmefällen, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprächen (EGMR NVwZ 2008, 1334 Rn 42 und v. 28.6.2011 – Nr. 8319/07; BVerwGE 146, 12 Rn 23, 25 und Beschl. v. 13.2.2019 – 1 B 2.19, juris Rn 6).