Das Bundeskartellamt hat im Oktober neue Leitlinien für das Kronzeugenprogramm und für die Bußgeldzumessung in Kartellverfahren veröffentlicht.
Kronzeugenprogramme zeichnen sich dadurch aus, dass Kartellbeteiligten die Geldbuße vollständig erlassen oder ermäßigt werden kann, wenn sie dazu beitragen, ein Kartell zwischen Wettbewerbern aufzudecken. Kronzeugenprogramme werden schon seit Jahrzehnten weltweit im Kartellrecht eingesetzt. Sie sind für die Kartellbekämpfung von zentraler Bedeutung, da Kartelle typischerweise nur von innen heraus aufgedeckt werden können. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, bekräftigte hierzu, dass Kronzeugen bei der Aufdeckung und Verfolgung von illegalen Kartellen nach wie vor eine ganz entscheidende Rolle spielen.
In Deutschland hat das Bundeskartellamt dazu bereits im Jahr 2000 allgemeine Verwaltungsgrundsätze erlassen und 2006 überarbeitet (sog. Bonusregelung). Seitdem konnten zahlreiche Kartelle in den unterschiedlichsten Branchen mit der Unterstützung von Kronzeugen aufgedeckt werden. Anfang 2021 wurden im Zuge der 10. GWB-Novelle das Kronzeugenprogramm erstmals im Gesetz verankert und hierbei auch europäische Vorgaben umgesetzt. Diese stimmen im Wesentlichen mit der früheren Bonusregelung des Bundeskartellamtes überein. In den ergänzenden Leitlinien hat das Bundeskartellamt wie bereits in der Bonusregelung Konkretisierungen zur Gestaltung des Verfahrens und zur Ermessensausübung bei der Bußgeldbemessung getroffen.
Im Rahmen der vorgenannten Novelle wurden seinerzeit außerdem eine Reihe von Kriterien für die Zumessung der Bußgeldhöhe gesetzlich verankert. Zum Beispiel ist der tatbezogene Umsatz – also der Umsatz, der mit den von den Absprachen betroffenen Produkten bzw. Dienstleistungen erzielt wurde – nun als Kriterium gesetzlich verankert. Darüber hinaus können vor und nach der Tat getroffene Vorkehrungen eines Unternehmens zur Vermeidung und Aufdeckung von entsprechenden Zuwiderhandlungen (Compliance) unter bestimmten Voraussetzungen berücksichtigt werden.
Mit der Überarbeitung seiner Bußgeldleitlinien trägt das Bundeskartellamt über die Gesetzesänderungen hinaus auch der Praxis der deutschen Gerichte verstärkt dadurch Rechnung, dass künftig anhand des tatbezogenen Umsatzes und der Unternehmensgröße ein Ausgangswert der Bußgeldzumessung bestimmt wird. Im Ergebnis erwartet das Amt mit den Änderungen ein Zugewinn an Flexibilität im Einzelfall, aber keine wesentliche Veränderung des Bußgeldniveaus.
Die Leitlinien zum Kronzeugenprogramm sowie die Bußgeldleitlinien sind auf der Internetseite des Bundeskartellamts abrufbar ( https://www.bundeskartellamt.de/DE/Kartellverbot/Materialien/Materialien_node.html ).
[Quelle: Bundeskartellamt]