Die Prüfungsordnungen sehen regelmäßig die Sanktion des Nichtbestehens einer Prüfung bei schwerwiegenden Täuschungsversuchen vor. Besonders schwere Fälle eines Täuschungsversuchs sind durch grobe Täuschungsmanöver charakterisiert, die in besonders hohem Maße die Spielregeln des fairen Wettbewerbs und die Chancengleichheit der anderen, sich korrekt verhaltenden Prüflinge verletzen (vgl. BVerwG, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 78; OVG Bremen, NVwZ-RR 2017, 540 = juris Rn 23; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn 244 m.w.N.).
Das OVG Münster hat in seinem Beschluss vom 16.2.2021 (6 B 1868.20, RiA 2021, 126 ff.) einen solchen Täuschungsversuch etwa bei dem aufwendigen Einsatz technischer Hilfsmittel, insb. eines Mobiltelefons angenommen. Eine besonders intensive Beeinträchtigung der Chancengleichheit könne hier angenommen werden, weil die Täuschungsmöglichkeiten, die das Mitführen eines Smartphones biete, vielfältig und weitgehend seien. Ein solches Gerät ermögliche sowohl eine Internetrecherche nach im Prüfungsfall aufgeworfenen Problemen als auch den Abruf auf ihm abgespeicherter elektronischer Dokumente in großen Datenmengen, etwa von Klausurvorstücken oder Vorlesungsskripten, als auch – namentlich in Toilettenpausen – die Kontaktaufnahme mit Dritten mit dem Ziel der Übermittlung der Klausuraufgabe, der Erörterung der Fragestellungen oder wiederum der Bitte nach Recherche und Übersendung von für die Lösung hilfreichen Materials. Seine Verwendung gehe damit über die Möglichkeiten, die mitgeführte schriftliche Unterlagen wie etwa ein Spickzettel böten, deutlich hinaus, verletze in besonders hohem Maße die Spielregeln des fairen Wettbewerbs und lege die Annahme eines besonders schweren Falls grds. nahe.
Hinweis:
Das Vorliegen eines Täuschungsversuchs ergibt sich in Anwendung der Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins. Die objektiven, aber auch die subjektiven Voraussetzungen einer Täuschungshandlung können in einer schriftlichen Prüfung durch den Beweis des ersten Anscheins bewiesen werden, wenn sich aufgrund der feststehenden Tatsachen bei verständiger Würdigung der Schluss aufdrängt, der Prüfungsteilnehmer habe getäuscht, und ein abweichender Geschehensablauf nicht ernsthaft in Betracht kommt (vgl. etwa BVerwG NJW 2018, 1896 = juris Rn 7; OVG NRW, Beschl. v. 11.10.2011 – 14 A 2726/09, juris Rn 5 f.).
Insofern gilt, dass bereits das Mitführen eines unerlaubten Hilfsmittels an sich eine Tatsache darstellt, bei deren Feststehen der erste Anschein für den notwendigen Vorsatz bzgl. des Mitführens spricht. Jedem Prüfling ist bekannt, dass das Auffinden eines unzulässigen Hilfsmittels in einer Prüfung zu Sanktionen führen kann. Jeder Prüfling wird deshalb darauf bedacht sein, unzulässige Hilfsmittel aus seinem direkten Umfeld zu entfernen. Befindet sich dennoch ein unzulässiges Hilfsmittel in seinem Besitz, so ist von einem bewussten Mitführen auszugehen.