1. Ausübung der Personalratstätigkeit bei außerordentlicher Kündigung
Wird einem Mitglied der Personalvertretung außerordentlich gekündigt und schwebt dieserhalb ein Kündigungsschutzverfahren, stellt sich die Frage nach den Rechten und Pflichten als Mitglied der Personalvertretung. Es geht insb. darum, dass das Personalratsmitglied nach seiner außerordentlichen Kündigung zunächst weiterhin ungestört das Amt eines Personalratsmitglieds ausüben, also alle Rechte und Pflichten wahrnehmen möchte, die Mitgliedern des Personalrats nach dem geltenden Personalvertretungsgesetz zustehen. Das betrifft insb. das Recht auf rechtzeitige Ladung zu den Sitzungen der Personalvertretung sowie auf Teilnahme an deren Beratungen und Beschlussfassungen. Das Begehren ist ferner darauf gerichtet, von der Dienststellenleitung ungehinderten Zutritt zur Dienststelle und allen Räumlichkeiten zu erhalten, soweit dies zur Erledigung der Personalratstätigkeit erforderlich ist.
Als Rechtsgrundlage des Anspruchs auf ungestörte Ausübung des Personalratsamtes und der damit verbundenen Tätigkeiten, der sich auf den ungehinderten Zutritt zur Dienststelle und zu allen Räumlichkeiten in ihr erstreckt, soweit dies zur Erledigung der Personalratstätigkeit erforderlich ist, kommt § 8 Hs. 1 BPersVG in Betracht. Danach dürfen Personen, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz wahrnehmen, nicht darin behindert werden. Der Begriff der Behinderung ist weit auszulegen und umfasst grds. jede Form der Erschwerung, Störung oder Verhinderung bei der Wahrnehmung personalvertretungsrechtlicher Aufgaben oder Befugnisse. Das Behinderungsverbot besteht gerade auch gegenüber dem Dienststellenleiter. Darüber hinaus findet es im Verhältnis des Personalratsmitglieds zum Personalrat selbst Anwendung.
Da die Personalvertretungsgesetze nicht ausdrücklich regeln, wie sich die damit für die Dauer des Kündigungsschutzverfahrens ebenfalls ungewisse Mitgliedschaft im Personalrat auf das Recht des gekündigten Personalratsmitglieds auswirkt, sein Personalratsamt in dieser Zeit wahrzunehmen, hat das BVerwG in seinem Beschluss vom 4.2.2021 (5 VR 1/20, NZA-RR 2021, 324 ff. = PersV 2021, 260 ff. = DÖD 2021, 206 ff. = ZfPR 2021, 66 ff.) eine Abwägung der Interessen dergestalt vorgenommen, dass außerordentlich gekündigte Personalratsmitglieder im Falle der Erhebung einer Kündigungsschutzklage jedenfalls dann befugt seien, ihr Personalratsamt und die damit verbundenen Aufgaben weiter auszuüben, wenn die ausgesprochene Kündigung im konkreten Fall offensichtlich unwirksam sei. Denn bei einer derartigen Kündigung sei in Wahrheit kein ernstzunehmender Zweifel am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gegeben (vgl. BAGE 48, 122, 152; LAG Köln NZA-RR 2020, 475; VGH München, Beschl. v. 17.12.2009 – 12 CS 09.2691, juris Rn 18). Dementsprechend sei der Rechtsposition des Personalratsmitglieds der Vorzug zu gewähren und jede Behinderung eines außerordentlich gekündigten Personalratsmitglieds bei der Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse zu unterlassen. Dafür spreche auch, dass mit der Kündigung von Personalratsmitgliedern Einfluss auf die Zusammensetzung des Personalrats genommen werden könne und es zu verhindern gelte, dem Dienststellenleiter eine Möglichkeit zu eröffnen, unliebsame Personalratsmitglieder durch den Ausspruch unberechtigter Kündigungen an der Ausübung ihres Amtes zu hindern.
2. Rügerecht der Personalvertretung bei vorheriger ausdrücklicher Billigung der Maßnahme
Ist der Personalrat bzw. der Betriebsrat bei einer Maßnahme der Dienststelle im Wege der Zustimmung zu beteiligen, ist in den entsprechenden gerichtlichen Verfahren zu klären, ob die Beteiligung ordnungsgemäß erfolgt ist und ob Formfehler im Verfahren bestehen.
Das OVG Münster hat in seinem Beschluss vom 11.6.2021 (1 A 4946/18) herausgestellt, dass sich – wenn keine erkennbare irreführende oder auf Täuschung beruhende Unterrichtung vorliegt – eine zu beteiligende Personalvertretung sich nicht mehr auf einen Informationsmangel berufen könne, wenn sie eine beabsichtigte Maßnahme billige, statt die ihr vorliegende Unterrichtung als unzureichend zu rügen und weitere Informationen zu verlangen. In diesem Fall könne eine etwa gegebene, von der Personalvertretung aber hingenommene Verletzung ihres Informationsanspruchs zugleich (erst recht) nicht zur formellen Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Maßnahme führen, weil die Beteiligung der Personalvertretung nicht in erster Linie den Individualinteressen eines Beschäftigten diene, sondern der Wahrung der Belange der Gesamtheit der Beschäftigten und der Dienststelle als Ganzer (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.10.1989 – 2 C 22.87, juris, Rn 24; OVG Münster, Urt. v. 9.5.2011 – 1 A 440/10, juris, Rn 57 und VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 4.9.2018– 4 S 142/18, juris, Rn 46).