Rechtsbehelfsbelehrung ohne Hinweis auf die Möglichkeit der elektronischen Übermittlung der Klage
Nach § 58 Abs. 1 VwGO beginnt die Frist für einen Rechtsbehelf nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nach § 58 Abs. 2 S. 1 VwGO nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei.
Nach der Rechtsprechung des BVerwG ist eine Belehrung zum einen dann unrichtig erteilt, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend erforderlichen Angaben nicht enthält oder sie unrichtig wiedergibt. Zum anderen ist eine Rechtsbehelfsbelehrung, die über die in § 58 Abs. 1 VwGO geforderten Belehrungen hinaus weitere Angaben enthält, unrichtig, wenn es sich dabei um einen unrichtigen oder irreführenden Zusatz handelt, der geeignet ist, beim Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (BVerwGE 57, 188). Anders formuliert ist eine solche Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig, wenn sie einen unrichtigen oder irreführenden Zusatz enthält, der auf eine vom Gesetz in dieser Weise nicht gewollte Erschwerung der Rechtsbehelfseinlegung hinausläuft (BVerwGE 25, 191, 192, BVerwGE 37, 85 f., BVerwGE 57, 188, 190).
Nach dem Urteil des BVerwG vom 25.1.2021 (9 C 8.19, GewArch 2021, 281 ff. = NVwZ 2021, 1061 ff. = HFR 2021, 826) ist nicht zu beanstanden, wenn nach der Rechtsbehelfsbelehrung die Klage „schriftlich oder zur Niederschrift” erhoben werden kann. Auch insoweit handelt es sich um einen nach § 58 Abs. 1 VwGO nicht erforderlichen Zusatz, der weder unrichtig noch irreführend sei. Die Formulierung entspreche dem Wortlaut von § 81 Abs. 1 VwGO und sei auch unter Berücksichtigung der nach § 55a VwGO eröffneten Möglichkeit zur Einlegung eines Rechtsbehelfs auf elektronischem Weg inhaltlich objektiv zutreffend, weil auch die elektronische Klageerhebung von § 81 VwGO erfasst werde. Bei der Übermittlung der Klageschrift als elektronisches Dokument handele es sich nicht um eine eigene elektronische Form der Klageerhebung, sondern um eine schriftliche Klageerhebung.
ZAP F. 19 R, S. 1137–1146
Von VorsRiVG a.D. und Rechtsanwalt Prof. Dr. Bernd Andrick, Münster