Das LG hatte die Angeklagten u.a. wegen mehrfachen Diebstahls verurteilt. Nach den getroffenen Feststellungen hatten sich die Angeklagten jeweils neben die Geschädigten gestellt, nachdem diese in der Absicht, Bargeld abzuheben, ihre „EC-Karte” in einen Geldautomaten eingeführt und ihre PIN eingegeben hatten. Sodann verdeckten sie das Bedienfeld mit Zeitungen und gaben als auszuzahlende Geldsumme jeweils Beträge von 500 EUR bzw. 800 EUR ein. Das ausgegebene Bargeld entnahmen die Angeklagten dem Automaten und entfernten sich. Die Revisionen der Angeklagten hat der BGH (Beschl. v. 3.3.2021 – 4 StR 338/20, NJW 2021, 1545 = StraFo 2021, 254) als unbegründet verworfen.
Nach Auffassung des BGH (a.a.O.) hat das LG das Ansichnehmen des von den Geldautomaten ausgegebenen Bargelds zutreffend als Diebstahl gewertet. Es habe insb. zu Recht angenommen, dass die Angeklagten die Geldscheine, bei denen es sich um für sie fremde Sachen handelte (BGH NStZ 2019, 726, m. Anm. Krell; NStZ 2018, 604), den Geschädigten weggenommen haben. Nicht zu entscheiden sei hier über die strittige Frage, ob die Herausnahme von Bargeld, das ein Geldautomat nach äußerlich ordnungsgemäßer Bedienung ausgibt, den Bruch des gelockert fortbestehenden Gewahrsams des den Automaten betreibenden Geldinstituts bzw. der für dieses handelnden natürlichen Personen darstelle (so der 3. Senat: BGH NStZ 2019, 726, 727) oder ob die Freigabe des Geldes als willentliche Aufgabe des Gewahrsams zu werten sei (so der 2.Senat: BGH NStZ 2018, 604). Vorliegend sei im Zeitpunkt der Entnahme des Geldes durch die Angeklagten bereits ein (Mit-)Gewahrsam der Geschädigten, also des jeweiligen Nutzers der Bankkarte, an dem Geld begründet worden. Die Angeklagten verwirklichten das Tatbestandsmerkmal der Wegnahme jedenfalls dadurch, dass sie diesen Gewahrsam brachen. Denn auf der Grundlage der Rechtsprechung des BGH zum Gewahrsam (BGHSt 22, 180, 182 f.; NStZ 2019, 726; NStZ 2020, 483, StRR 2/2021, 27 [Burhoff]; NStZ 2019, 726; 2021, 42) stehe Bargeld, das ein Geldautomat am Ende eines ordnungsgemäßen Abhebevorgangs ausgebe, mit der Bereitstellung im Ausgabefach und der hierdurch eröffneten Zugriffsmöglichkeit regelmäßig (auch) im Gewahrsam desjenigen, der diesen Vorgang durch Eingabe der Bankkarte und der PIN in Gang gesetzt habe. In subjektiver Hinsicht werde der Gewahrsam des Karteninhabers auch von dem erforderlichen Herrschaftswillen getragen. Dieser bestehe jedenfalls in Gestalt eines antizipierten Beherrschungswillens.
Hinweis:
Die Entscheidung, die für eine Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen ist, liegt im Wesentlichen auf der Linie der Rechtsprechung des BGH in dieser Frage (s. auch Fischer, StGB, 68. Aufl. 2021, § 242 Rn 26a m.w.N.). Allerdings ergibt sich eine Abweichung zur Rechtsprechung des 2. Strafsenats des BGH (NJW 2018, 245). Auch dort hatte der Täter wie hier selbst nach Eingabe des Auszahlungsbetrags die Geldscheine aus den Entnahmefach entnommen, der BGH hatte aber eine Wegnahme verneint. Der einzige Unterschied liegt darin, dass dort der Täter den Berechtigten nach Einschieben der Karte und Eingabe der PIN weggestoßen hat. Vielleicht war das der Umstand, der den BGH von einer Vorlage an den Großen Senat (§ 132 Abs. 2 GVG) abgehalten hat.