In dem vom BGH mit Urt. v. 9.12.2021 (4 StR 167/21, NJW 2022, 409 = StRR 7/2022, 26 = VRR 4/2022, 19) hatte der Angeklagte von einer Brücke 14 teilweise scharfkantige Schottersteine von unterschiedlicher Größe zwischen 3 × 3 cm bis 4 × 7 cm und einem Gesamtgewicht von etwa 470 g auf einen unter der Brücke fahrenden Pkw fallen lassen. Er wollte damit Wut und Frust abbauen. Da er keine Menschen töten, verletzen oder gefährden wollte, hatte er keine großen Steine genommen. Die Steine trafen das Dach des Pkw. Es entstand ein Sachschaden von etwa 4.800 EUR. Es kam nicht zu einem unkontrollierten Fahrmanöver des durch die Geräusche erschrockenen Fahrzeugführers. Das LG hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Sachbeschädigung verurteilt (§§ 315b, 303 StGB).
Die Revision der Staatsanwaltschaft, die das Ziel der Verurteilung wegen der Qualifikation nach § 315b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1a StGB hatte, hatte beim BGH (a.a.O.) keinen Erfolg. Dieser Qualifikationstatbestand sei nur verwirklicht, wenn es dem Täter darauf ankomme, einen Unglücksfall dadurch herbeizuführen, dass sich die von ihm verursachte konkrete Gefahr verwirkliche. Zwar müsse erâEUR™nicht beabsichtigen, einen Personenschaden herbeizuführen. Es reiche auch die Absicht, einen Sachschaden zu verursachen (BGH NJW 2000, 226). Erforderlich sei aber stets, dass sich nach der Vorstellung des Täters durch seine Tathandlung i.S.d. § 315b Abs. 1 StGB eine verkehrsspezifische Gefahr verwirklicht. Eine mögliche Absicht des Angeklagten, durch den Abwurf der Steine lediglich das Dach des Fahrzeugs zu beschädigen, erfülle die Anforderungen nicht. Sein Vorstellungsbild habe sich nicht darauf gerichtet, eine verkehrsspezifische Gefahr zu verwirklichen. Sie habe sich in der bloßen Herbeiführung einer Sachbeschädigung erschöpft. Denn der vorgestellte Schadenseintritt sei nicht auf die für Verkehrsvorgänge typischen Fortbewegungskräfte zurückzuführen, er unterscheide sich vielmehr nicht von einer Sachbeschädigung eines abgestellten Fahrzeugs.
Hinweis:
Der 4. Strafsenat schränkt in der Entscheidung die Qualifikation weiter ein: Die Absicht muss sich darauf richten, eine verkehrsspezifische Gefahr herbeizuführen. Das war hier nicht der Fall (vgl. dazu BGH NZV 2016, 400 zu Schüssen auf ein fahrendes Fahrzeug). Die Grenzen hängen allerdings vom Einzelfall ab. Eine verkehrsspezifische Gefahr hätte nach Auffassung des BGH angenommen werden können, wenn die Steine zumindest auch die Frontscheibe hätten beschädigen sollen und sich damit auf die Verkehrsdynamik ausgewirkt hätten. Das bedeutet für den Verteidiger, dass er diese Umstände des Einzelfalls inâEUR™den Blick nehmen und ggf. dazu "vortragen" muss.