Der Nachweis einer drogenbedingten Fahrunsicherheit i.S.v. § 316 StGB kann nicht allein durch einen bestimmten Blutwirkstoffbefund geführt werden. Diese Aussage des BGH im Beschl. v. 2.8.2022 (4 StR 231/22) entspricht ständiger Rechtsprechung (vgl. u.a. BGHSt 44, 219, 221 ff.; zuletzt AG Münster VA 2022, 180). Danach bedarf er weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen, die im konkreten Einzelfall belegen, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des Kraftfahrzeugführers soweit herabgesetzt gewesen sei, dass er nicht mehr fähig gewesen sei, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, auch bei Eintritt schwieriger Verkehrslagen, sicher zu steuern. Dies muss das Tatgericht anhand einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände beurteilen (vgl. BGHSt 31, 42, 44 ff.; Pegel in: MüKo-StGB, 3. Aufl., § 316 Rn 53).
Im entschiedenen Fall hatte das LG in einem grob fehlerhaften und risikoreichen Fahrverhalten des Angeklagten drogenbedingte Ausfallerscheinungen gesehen. Eine diese Annahme tragende Beweiswürdigung war den Urteilsgründen jedoch nicht zu entnehmen. Diese wäre nach Auffassung des BGH (a.a.O.) aber erforderlich gewesen, denn es verstehe sich unter den gegebenen Umständen – zwei Fälle der "Polizeiflucht" – auch nicht etwa von selbst, dass in dem festgestellten Fahrverhalten des Angeklagten eine drogenbedingte Fahrunsicherheit zum Ausdruck gekommen sei. Insbesondere hätte in die Beurteilung einfließen müssen, dass das Fahrverhalten des Angeklagten in beiden Fällen darauf ausgerichtet gewesen sei, sich von ihn verfolgenden Polizeifahrzeugen abzusetzen. Die Strafkammer hätte nach Auffassung des BGH deshalb erörtern müssen, ob und inwieweit die fehlerhafte undâEUR™riskante Fahrweise des Angeklagten nicht auf seinem Fluchtwillen beruhte (vgl. dazu BGH StraFo 2017, 113). Die nicht weiter konkretisierte Feststellung, der Angeklagte sei auf der Autobahn "Schlangenlinien" gefahren, sei für sich genommen noch nicht geeignet, seine Fahruntüchtigkeit bei einer der Taten zu belegen, zumal die Strafkammer auch hier einen allein fluchtbedingten Grund für das Fahrverhalten des Angeklagten nicht ausgeschlossen hatte.
Hinweis:
Zwar ist der Tatrichter nicht gehindert, auch bei einem Täter, der sich seiner Festnahme durch die Polizei entziehen will, in einer deutlich unsicheren, waghalsigen und fehlerhaften Fahrweise ein Beweisanzeichen für eine rauschmittelbedingte Fahruntüchtigkeit zu sehen, er muss dazu jedoch ausreichende Feststellungen treffen. An der Stelle kann die Verteidigung mit der Revision ansetzen. Eine Aufhebung und Neuverhandlung bringt zumindest Zeitgewinn.