In der Rechtsprechung haben die mit der Vorschrift des § 315d StGB zusammenhängenden Fragen erneut recht breiten Raum eingenommen. Hinzuweisen ist auf folgende (obergerichtliche) Entscheidungen:
An der Spitze steht der BVerfG, Beschl. v. 9.2.2022 (2 BvL 1/20, NJW 2022, 1160 = VRR 3/2022, 21) zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des "Alleinraserparagrafen" § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB. Das BVerfG hatâEUR™die Verfassungsmäßigkeit der Regelung bejaht. Die Regelung sei mit dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG zu vereinbaren. § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB lasse die erfassten Rechtsgüter derâEUR™Sicherheit des Straßenverkehrs, des Lebens, der körperlichen Integrität und des Eigentums ebensoâEUR™deutlich werden wie die besonderen Gefahren, vor denen der Gesetzgeber sie schützen will. Hinsichtlich des Bezugspunkts der Tatbestandsmerkmale der groben Verkehrswidrigkeit und Rücksichtslosigkeit bestünden hinreichende Anknüpfungspunkte für eine methodengerechte Auslegung. Insbesondere könne der ausdrückliche Verweis in den Gesetzesmaterialien auf § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB – der ebenfalls als Bezugspunkt einen in der Norm aufgeführten Verkehrsverstoß voraussetzt – zur Auslegung herangezogen werden.
Der vom Gesetzgeber neu eingeführte Begriff der "höchstmöglichen Geschwindigkeit" könne im Rahmen seines Wortsinns methodengerecht ausgelegt werden. Zur Bestimmung der Parameter, nach welchen sich die "höchstmögliche Geschwindigkeit" bemesse, könnten die Gesetzesmaterialien herangezogen werden, welche ausdrücklich auf die Straßen-, Sicht- und Wetterverhältnisse verweisen. Ferner lasse die Formulierung des Absichtsmerkmals eine Auslegung zu, nach der es nicht darauf ankommt, ob sich der Täter allein mit der Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, fortbewegt oder noch weitergehende Beweggründe – wie beispielsweise die Flucht vor der Polizei oder den Wunsch nach öffentlicher Anerkennung durch späteres Einstellen eines Videos ins Internet – verfolgt. Soweit das Absichtsmerkmal mit Blick auf die Abgrenzung zu noch straffreiem, allerdings womöglich nicht umfassend normkonformem oder rücksichtsvollem Verhalten im Straßenverkehr verbleibende Randunschärfen enthält, sei es einer Präzisierung durch die Rechtsprechung innerhalb des Wortsinns zugänglich. Die vom BGH vorgenommene Interpretation des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB seiâEUR™eine mögliche und methodengerechte Auslegung der Strafnorm (BGHSt 66, 27, NJW 2021, 1173 = VRR 4/2021, 13 = StRR 5/2021, 27 = DAR 2021, 395, 522; NStZ 2021, 615 = VRR 7/2021, 15 = StRR 10/2021, 25). Wenn dieser davon ausgehe, dass sich die Zielsetzung des Täters nach seinen Vorstellungen auf eine unter Verkehrssicherheitsgesichtspunkten nicht ganz unerhebliche Wegstrecke beziehen müsse und sich nicht nur in der Bewältigung eines räumlich eng umgrenzten Verkehrsvorgangs erschöpfen dürfe, halte er sich i.R.d. Wortlautgrenze des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB und stelle methodengerecht auf die objektive Gefahrenlage ab.
Hinweis:
Nach Auffassung des BVerfG ist der Eingriff der Vorschrift des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB in die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG auch verhältnismäßig. Die Belange des Gemeinschaftsschutzes überwögen die Auswirkungen der Strafnorm des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB auf die allgemeine Handlungsfreiheit. Dahinter müsse das Interesse, sich unter Verletzung der Straßenverkehrsordnung sowie der Missachtung von Rücksichtnahmepflichten gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern mit höchstmöglicher Geschwindigkeit fortbewegen zu wollen, zurücktreten.
Auf folgende weitere Entscheidungen zu § 315d StGB ist hinzuweisen. Der BGH nimmt im BGH, Urt. v. 11.11.2021 (4 StR 511/20, StraFo 2022, 38 = VRR 1/2022, 14) zu Begriff, Beteiligungsformen und Gefahrerfolg beim verbotenen Kfz-Rennen Stellung. Danach ist ein Kraftfahrzeugrennen i.S.d. § 315d Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB ein Wettbewerb zwischen wenigstens zwei Kraftfahrzeugführern, bei dem es zumindest auch darum geht, mit dem Kraftfahrzeug über eine nicht unerhebliche Wegstrecke eineâEUR™höhere Geschwindigkeit als der andere oder die anderen teilnehmenden Kraftfahrzeugführer zuâEUR™erreichen. Dabei mache es keinen Unterschied, ob die Teilnehmer zueinander in Bezug auf die Höchstgeschwindigkeit, die höchste Durchschnittsgeschwindigkeit oder die schnellste Beschleunigung in Konkurrenz treten.
§ 315d Abs. 2 StGB ist nach Auffassung des BGH (a.a.O.) ein eigenhändiges Delikt. Ein Teilnehmer an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen i.S.d. § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB erfülle den Qualifikationstatbestand des § 315d Abs. 2 StGB in objektiver Hinsicht deshalb nur, wenn er durch sein eigenes Fahrverhalten während der Rennteilnahme eine konkrete Gefahr für eines der genannten Individualrechtsgüter verursacht und zwischen seinem Verursachungsbeitrag und dem Gefährdungserfolg ein innerer Zusammenhang besteht. Nebentäterschaft könne vorliegen, wenn ein und derselbe Gefährdungserfolg von mehreren Rennteilnehmern herbeigeführt werde. Dies setze voraus, dass sich di...