Bei der Trennungslösung setzen sich die Ehegatten anders als bei der Einheitslösung nicht zu unbeschränkten Alleinerben ein. Vielmehr setzen sie sich für den ersten Erbfall gegenseitig jeweils zu Vorerben ein. Zu Nacherben werden i.d.R. die gemeinsamen leiblichen Kinder oder Dritte eingesetzt. Beschränkt sich die letztwillige Verfügung auf eine solche Verfügung, fehlt es hinsichtlich des Nachlasses des Längerlebenden an einer ausreichenden Erbeinsetzung. Der überlebende Ehegatte hat hier nur für den nicht eingetretenen Fall seines Vorversterbens eine Regelung getroffen, die mit dem Vorversterben des anderen Ehegatten unwirksam geworden ist, § 1923 BGB (Damrau/Tanck/Klessinger, a.a.O., § 2269 BGB Rn 11). In diesen Fällen legt die Rechtsprechung die gemeinschaftliche Verfügung wie folgt aus: Lässt sich feststellen, dass ein Nacherbe bei Wegfall des Vorerben als dessen Ersatzerbe den Nachlass des Längerlebenden bekommen solle, so ist der Ersatzerbe Vollerbe des Letztverstorbenen. Lässt sich dies nicht durch Auslegung feststellen, so kommt die Regelung des § 2102 Abs. 1 BGB zur Anwendung (vgl. OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 2012, 776; OLG Hamm FamRZ 2005, 1592; Damrau/Tanck/Klessinger, a.a.O., § 2269 BGB Rn 11 m.w.N.). Um eine Auslegung und die damit verbundenen Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden, ist bei der Anordnung der Vor- und Nacherbschaft im gemeinschaftlichen Testament, die Erbfolge in den Nachlass des Längerlebenden zu regeln. Bei einer Personenidentität des Schlusserben wird er Nacherbe hinsichtlich des Nachlasses des erstversterbenden Ehegatten und Vollerbe hinsichtlich des Nachlasses des überlebenden Ehegatten.
Der Nacherbe des erstverstorbenen Ehegatten ist bis zum Eintritt des Nacherbfalls noch nicht Erbe. Er erwirbt aber anders als der Schlusserbe mit dem ersten Erbfall ein Anwartschaftsrecht, welches vererblich und veräußerlich ist (Müko/Musielak, § 2269 BGB Rn 44). Die Trennungslösung führt nicht zu einer Verschmelzung der beiden Vermögensmassen. Der überlebende Ehegatte erhält den Nachlass des Erstversterbenden als „Sondervermögen” und besitzt daneben gesondert sein Eigenvermögen (Uricher, Erbrecht, 3. Aufl., § 7 Rn 325). Der Überlebende kann grds. gegenüber der Einheitslösung nicht frei über den Nachlass der Erstversterbenden verfügen. Er ist beschränkter Vorerbe im Verhältnis zu den endgültigen Erben. Insoweit muss er das Vermögen bis zu seinem Tod verwalten und darf hierüber nicht nach Belieben verfügen, es sei denn, dass die Beschränkung vom Erstversterbenden aufgehoben worden ist (§ 2136 BGB).
Hinweis:
Die Auslegung, ob in einem gemeinschaftlichen Testament die Einheits- oder Trennungslösung verfügt wurde, erfolgt aus der Blickrichtung der Erblasser, ob diese eine Vermögenverschmelzung in der Hand des überlebenden Ehegatten gewünscht haben oder nicht. Insbesondere die Bestimmung einer Pflichtteilsstrafklausel in einem Laientestament bildet ein starkes Indiz für die Wahl der Einheitslösung (so auch Roth, NJW-Spezial 2023, 135; Grüneberg/Weidlich, § 2269 BGB Rn 8).