Die sog. Katastrophenklausel regelt in einem gemeinschaftlichen Testament den Fall des gleichzeitigen Versterbens beider Ehegatten und eines vermuteten gleichzeitigen Versterbens nach § 11 VerschG. In einem derartigen Fall ist eine gegenseitige Erbeinsetzung gegenstandlos (RGZ 149, 200, 201). Erben eines jeden Ehegatten sind seine gesetzlichen oder testamentarischen Erben. Abhängig von der Gestaltung des gemeinschaftlichen Testaments ist die Katastrophenklausel auf die o.g. Einheits- bzw. Trennungslösung anzupassen:
Zitat
„Für den Fall, dass wir tatsächlich gleichzeitig versterben, oder ein gleichzeitiges Versterben vermutet wird, wird jeder von uns entsprechend der Schlusserbeneinsetzung für den zweiten Todesfall mit allen dort angeordneten Vermächtnissen, Auflagen und der dort angeordneten Testamentsvollstreckung beerbt.” (Einheitslösung; s. Tanck/Krug/Süß/Tanck, Anwaltsformulare Testamente, § 19 Rn 141).
bzw.
Zitat
„Für den Fall, dass wir tatsächlich gleichzeitig versterben, wird jeder von uns entsprechend der Nacherbfolge für den ersten Todesfall mit allen dort angeordneten Vermächtnissen, Auflagen und der angeordneten Testamentsvollstreckung beerbet. Der jeweils andere Ehepartner wird in diesem Fall nicht Vorerbe.” (Trennungslösung; s. Tanck/Krug/Süß/Tanck, a.a.O., § 19 Rn 142).
Bei der Testamentsgestaltung ist zu berücksichtigen, dass der Begriff des „gleichzeitigen Versterbens” auslegungsfähig ist, wodurch nicht zwingend das exakt zeitgleiche Versterben von den Erblassern gemeint ist. So können auch die in kurzen zeitlichen Abständen eingetretenen Todesfälle aufgrund derselben Ursache oder aufgrund unterschiedlicher Ursachen, etwa krankheitsbedingter, gemeint sein (OLG Stuttgart NJW-RR 1994, 592). Beispielweise liegt ein solcher Fall auch vor, wenn der überlebende Ehegatte keine Möglichkeit mehr hat, eine neue Verfügung von Todes wegen zu errichten, so eine aktuelle Entscheidung des OLG Schleswig:
1. Auslegung einer Katastrophenklausel
a) Sachverhalt (OLG Schleswig FGPrax 2023, 86 ff.)
Die Erblasser errichteten im Jahre 1995 zwei inhaltlich übereinstimmende eigenhändige Testamente, die wechselseitig jeweils vom anderen Ehegatten unterschrieben wurden. Sie bestimmten u.a.:
Zitat
„Sollten wir gleichzeitig oder so nacheinander versterben, dass weitere Verfügungen nicht möglich sind, setzen wir die Eheleute H und G (Beschwerdeführerin) als Erben ein.”
Der testierende Ehemann sowie H waren vorverstorben. Nach dem Tod des Ehemanns errichtet die überlebende Ehefrau im Jahre 2018 ein Einzeltestament und setzte A zu ihrem Erben ein. In einer späteren Testamentsergänzung legte sie dar, warum sie A zum Erben einsetzte. Der von der Beschwerdeführerin beantragte Erbschein wurde zurückgewiesen.
b) Entscheidung
Die Eheleute haben in ihrem gemeinschaftlichen Testament keine für den hier eingetretenen Todesfall maßgebliche formwirksame Schlusserbenbestimmung getroffen. Die Erblasserin hatte in dem Fall die Möglichkeit, nach dem Tod ihres Ehemanns im Verlauf der nächsten fast zwei Jahrzehnte ein neues Testament zu errichten und hat davon Gebrauch gemacht. In dieser Entscheidung konnte es offenbleiben, ob von der Formulierung auch ein zeitlich viele Jahre auseinander liegender Todeseintritt erfasst ist.
Bei der Errichtung ist es empfehlenswert, eine Regelung im Testament aufzunehmen, wonach dem gleichzeitigen Versterben auch das Versterben in kurzem zeitlichem Abstand aufgrund desselben Ereignisses gleichzustellen ist. Ein Zeitraum von mehreren Jahren zwischen den Erbfällen dürfte von der Formulierung nicht mehr gedeckt sein.
Entgegen der o.g. Entscheidung musste sich das Oberlandesgericht Rostock jüngst mit dieser Frage befassen.
2. Nacherbfolge für den Fall des gleichzeitigen Ablebens
a) Sachverhalt (OLG Rostock ZErb 2023, 349 ff.)
Die Erblasser waren in zweiter Ehe miteinander verheiratet. Der Erblasser war im Jahre 2012 vorverstorben. Die Erblasserin ist im Jahre 2019 verstorben. Aus der jeweiligen ersten Ehe der Erblasser gingen drei Kinder hervor. Die zweite Ehe blieb kinderlos. Die Erblasser errichteten im Jahre 1994 ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich für den ersten Erbfall gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Im Weiteren enthielt das Testament für den Fall, dass die Eheleute gleichzeitig versterben, folgende Formulierung:
Zitat
„(...) Im Falle eines gleichzeitigen Ablebens soll die Tochter U. S. geb. B. z. zt. wohnhaft in R., E. W.-str. bevollmächtigt im Namen aller nachstehend angeführten Erben über alle unsere Giro- und Sparkonten verfügen und nach Abrechnung aller angefallenen Kosten für die Bestattung das verbleibende Geld gleichmäßig an alle Geschwister aus beiden Vorehen verteilen. (...).”
Dieser Verfügung folgte eine Aufzählung der „Geschwister” unter der Angabe der Wohnanschriften. Nach dem Tod der Erblasserin beantragte ihre Tochter aus der ersten Ehe einen Erbschein, der die drei Abkömmlinge der Erblasserin aus erster Ehe mit einer gesetzlichen Erbquote ausweisen sollte. Einer der Abkömmlinge des Erblassers widersprach dem Erbscheinsantrag mit der Begründung, dass die Eheleute mit der o.g. Formulierung auch die Antragsgegnerin für den zweiten Erbfall als Miterbin eingesetzt hätten.
b) Entscheidung
Das zuständige Nachlassgeri...