Allein der Umstand, dass der Angeklagte unter Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und von Vorfahrtsregelungen vor der Polizei flüchtete, genügt nicht zur Annahme der nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB erforderlichen Absicht, auf einer nicht unerheblichen Wegstrecke die unter den konkret situativen Gegebenheiten maximal mögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Mit der Begründung hat das OLG Zweibrücken (Beschl. v. 14.10.2022 – 1 OLG 2 Ss 27/22, zfs 2023, 111 = StRR 12/2022, 24 = VRR 3/2023, 16), die Verurteilung eines Angeklagten wegen eines Alleinrennens aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Der Angeklagte hatte sich einer Polizeikontrolle entzogen. Er war vor der Polizei mit weit überhöhter Geschwindigkeit und unter Missachtung einer rot zeigende Wechsellichtzeichenanlage geflohen, hatte die sich anschließende Straße mit einer deutlich über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h liegenden Geschwindigkeit befahren, eine einmündende Vorfahrtsstraße ignoriert und mit mind. 70 km/h eine weitere rot anzeigende Wechsellichtzeichenanlage überfahren.
Das OLG Zweibrücken (a.a.O.) hat sich damit der Rechtsprechung des BGH angeschlossen, wonach aus einer Fluchtmotivation nicht ohne Weiteres auf die Absicht geschlossen werden kann, die gefahrene Geschwindigkeit bis zur Grenze der situativ möglichen Geschwindigkeit zu steigern (vgl. u.a. BGHSt 66, 27). Das OLG hat in einer früheren Entscheidung die Auffassung vertreten, dass nicht entscheidend auf die Überschreitung der am Tatort zugelassenen Geschwindigkeit abzustellen sei, sondern darauf, ob das Fahrzeug bei der gefahrenen Geschwindigkeit noch sicher beherrscht werden kann (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 19.5.2020 – 1 OLG 2 Ss 34/20, juris Rn 8).
Das OLG Oldenburg hat sich in seinem Urt. v. 14.11.2022 (1 Ss 199/22, DAR 2023, 161) im Zusammenhang mit einer sog. Polizeiflucht auch noch einmal mit dem Verhältnis des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB – sog. Einzelrennen – zu § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB – verbotenes Kraftfahrzeugrennen – geäußert. Das OLG Oldenburg (a.a.O.) weist darauf hin, dass in den sog. Polizeiflucht-Fällen der verfolgte Kraftfahrzeugführer zwar möglicherweise den Tatbestand des verbotenen Kraftfahrzeugrennens in der Alternative des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB, also Einzelrennen, verwirklicht, eine Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen i.S.d. § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB jedoch mangels Wettbewerbscharakters und konkludenter Rennabsprache nicht vorliege. Das hatte das LG Osnabrück anders gesehen (vgl. NZV 2021, 368; zustimmend Müller NZV 2021, 369).