1.1 Neuregelungen im November
In den vergangenen Wochen ist wieder eine Reihe von Neuregelungen in Kraft getreten. Sie sollen die Sicherheit im Inland verbessern, Gerichtsverfahren beschleunigen sowie mehr Freiheiten beim Geschlechtseintrag bringen. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:
Verbesserung der inneren Sicherheit
Ein Teil des umstrittenen und vom Bundesrat abgelehnten sog. „Sicherheitspakets” ist am 31. Oktober in Kraft getreten. Er beinhaltet u.a. ein absolutes Messerverbot bei Volksfesten und anderen öffentlichen Veranstaltungen. Migranten, für die ein anderer europäischer Staat verantwortlich ist, sollen künftig keine Sozialleistungen in Deutschland mehr erhalten und bei nicht zwingend gebotenen Reisen ins Herkunftsland wird ihnen der Schutzstatus aberkannt. Um Terrorismusfinanzierung besser zu bekämpfen, erhält der Verfassungsschutz weitere Befugnisse (vgl. näher zum Sicherheitspaket ZAP 2024, 891 f.; zur Kritik daran s. auch ZAP 2024, 952).
Leitentscheidungsverfahren beim BGH
Mit der Einführung von Leitentscheidungsverfahren beim Bundesgerichtshof soll die Justiz künftig von massenhaften Einzelklagen gleichgelagerter (Verbraucher-)Ansprüche entlastet werden. Das Gericht kann jetzt über grundsätzliche Rechtsfragen auch dann entscheiden, wenn die Parteien die Revision zurücknehmen oder sich das Revisionsverfahren auf andere Weise erledigt (s. näher dazu ZAP 2024, 948). Das Gesetz ist ebenfalls am 31. Oktober in Kraft getreten.
Einrichtung von Commercial Courts
Um Deutschland als Gerichts- und Wirtschaftsstandort attraktiver zu machen, ermöglicht das neue Gesetz zur Stärkung des Justizstandortes Deutschland den Bundesländern, an den Oberlandesgerichten künftig spezielle Wirtschaftssenate, sog. Commercial Courts, einzurichten, die für umfangreichere und auch grenzüberschreitende Verfahren zuständig sind und u.a. die Verhandlung vollständig in englischer Sprache durchführen können. Das Gesetz ist in Teilen bereits am 11. Oktober in Kraft getreten.
Mehr Freiheiten beim Geschlechtseintrag
Mit dem Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag, das am 1. November in Kraft getreten ist, haben es insb. trans- und intergeschlechtliche sowie nichtbinäre Personen nun leichter, ihren Geschlechtseintrag und ihren Vornamen beim Standesamt ändern zu lassen. Die Änderung kann durch eine Erklärung gegenüber dem Standesamt vorgenommen werden, eine gerichtliche Entscheidung (wie nach dem bisherigen Transsexuellengesetz) ist nicht mehr erforderlich; ebenso entfällt die Notwendigkeit der Beibringung von Sachverständigengutachten (vgl. zum Selbstbestimmungsgesetz zuletzt ZAP 2024, 933).
Änderungen im Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Wohnungseigentümer können seit Mitte Oktober mit mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen beschließen, dass die Versammlung innerhalb eines Zeitraums von längstens drei Jahren ab Beschlussfassung ohne physische Präsenz der Wohnungseigentümer und des Verwalters an einem Versammlungsort stattfindet oder stattfinden kann (virtuelle Wohnungseigentümerversammlung). Zudem sind Steckersolargeräte in den Katalog der sog. privilegierten Maßnahmen im Wohnungseigentums- und im Mietrecht aufgenommen worden. Wohnungseigentümer/innen in Mehrparteienhäusern sowie Mieter/innen können künftig von ihren Eigentümergemeinschaften bzw. Vermietenden verlangen, die Installation von Balkonkraftwerken zu gestatten (vgl. hierzu bereits Caspers, ZAP 2024, 983 f.).
Straßenverkehrsrecht
Bereits seit dem 11. Oktober in Kraft ist die novellierte Straßenverkehrsordnung. Sie ermöglicht es den Ländern und Kommunen, mehr Tempo-30-Zonen, Bewohnerparkzonen und Sonderfahrspuren einzurichten sowie auch mehr Flächen für den Rad- und Fußgängerverkehr bereitzustellen. Für Ladebereiche wird ein neues einheitliches Verkehrszeichen eingeführt.
[Quelle: Bundesregierung]
1.2 Anpassungen im Berufsrecht der rechtsberatenden Berufe
Verschiedene Regelungen im Berufsrecht der rechtsberatenden Berufe sollen neu strukturiert, vereinheitlicht und verständlicher gestaltet werden. Dies sieht ein Gesetzentwurf vor, den das Bundesministerium der Justiz im Oktober vorgelegt hat. Erfasst von der Neuordnung sind vor allem Regelungen für die aufsichtsrechtliche Tätigkeit der Anwalts- und Steuerberaterkammern, aber auch solche zu den Vorstandswahlen der Kammern und zur ehrenamtlichen Tätigkeit bei den Gerichten. Zudem sieht der Entwurf Erleichterungen und erweiterte Möglichkeiten bei der Zulassung vor.
Was die Neuordnung der aufsichtsrechtlichen Verfahren betrifft, erläutert das BMJ in der Begründung des Entwurfs, dass derzeit im Bereich der Rechtsbehelfe gegen Belehrungen, Rügen und Zwangsgelder in der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), der Patentanwaltsordnung (PAO) und dem Steuerberatungsgesetz (StBerG) „verschiedene Probleme” bestünden. So sei etwa die sog. missbilligende Belehrung, die derzeit von vielen Berufskammern gegenüber ihren Mitgliedern ausgesprochen werde, nicht gesetzlich geregelt, sondern lediglich vom BGH anerkannt. Ferner unterschieden sich die Regelungen der BRAO zu den Rechtsbehelfen gegen Belehr...