Die Parteien stritten um die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in einer Angelegenheit der privaten Pflegeversicherung.
Die Beklagte wies im Ablehnungsschreiben an den Kläger, der im Berufungsverfahren verstarb, – das Verfahren wurde von seinen Rechtsnachfolgern fortgeführt – u.a. darauf hin, er könne innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Schreibens schriftliche Einwendungen geltend machen. Bei Einwendungen gegen die Einstufung wurde darum gebeten, den Einwand begründende ärztliche oder sonstige Unterlagen beizufügen. Wenn keine Einwendungen geltend gemacht werden sollten, gelte nach Ablauf der Monatsfrist dieses Schreiben als endgültige Ablehnung des Antrags. Für die Weiterverfolgung der Ansprüche in diesem Fall wurde auf die hierfür notwendige gerichtliche Geltendmachung verwiesen.
Die von der Klägerin zu 1 als die ihren Vater vertretende Rechtsanwältin gegen die Ablehnung geltend gemachten Einwendungen veranlassten die Beklagte, ein Zweitgutachten einzuholen. Sie anerkannte sodann, gestützt hierauf, das Vorliegen der Pflegestufe 1 und erbrachte rückwirkend Zahlungen unter Aufhebung der früheren Ablehnung. Die Klägerin zu 1, die auch Betreuerin ihres Vaters war, stellte ihrem Vater als Versichertem Rechtsanwaltskosten i.H.v. 350 EUR in Rechnung, deren Erstattung die Beklagte ablehnte.
Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg, die Revision der Beklagten wies das BSG als unbegründet zurück (BSG, Urt. v. 22.2.2024 – B 3 P 8/22 R, NJW 2024, 2639).
Als Rechtsgrundlage des im SGG geltend gemachten Anspruchs auf Kostenerstattung im Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) kommt nur § 63 SGB X in Betracht. Diese Regelung findet allerdings in Angelegenheit der privaten Pflegeversicherung keine unmittelbare Anwendung. Die Beklagte erlässt in Angelegenheit der privaten Pflegeversicherung keine Verwaltungsakte und ist hierzu auch nicht befugt, weshalb vor Klageerhebung gegen ihre (ablehnenden) Entscheidungen kein Vorverfahren durchzuführen bzw. kein Widerspruch zu erheben ist.
Dem § 63 SGB X vergleichbare Regelungen zur Erstattung gleichwohl entstandener vorgerichtlicher Aufwendungen in Angelegenheiten der privaten Pflegeversicherung enthalten weder die Vorschriften des SGB XI noch des privaten Versicherungsrechts oder die vertraglichen Versicherungsgrundlagen. Soweit sich Ansprüche auf Erstattung solcher Aufwendungen als Schadensersatz oder wegen Verzugs auf Regelungen des BGB stützen lassen, sind diese mit dem verschuldensunabhängigen Erstattungsanspruch des § 63 SGB X strukturell nicht vergleichbar.
Das BSG bejaht – jedenfalls in der vorliegenden Konstellation, in der durch das Versicherungsunternehmen gegen seine ablehnende Entscheidung ein vorgerichtliches fakultatives Einwendungsverfahren eröffnet wird, das dem obligatorischen Widerspruchsverfahren gegen Verwaltungsakte einer Pflegekasse in Angelegenheit der sozialen Pflegeversicherung nachgebildet ist – wegen Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke eine analoge Anwendung des § 63 SGB X. Für den Gleichlauf des vorgerichtlichen verfahrensrechtlichen Schutzniveaus auch in kostenrechtlicher Hinsicht von erfolgreichen Einwendungen und erfolgreichen Widersprüchen durch die entsprechende Anwendung des § 63 SGB X spricht einmal die durch § 23 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 Nr. 3 SGB XI vorgegebene Gleichwertigkeit von Leistungen der privaten und sozialen Pflegeversicherung. Ein Gleichlauf ergibt sich ferner mit Blick auf den gerichtlichen Rechtsschutz, wonach durch § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGG jeweils der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit eröffnet wird, was nach der Rspr. des Senats auch die Kostenprivilegierung im sozialgerichtlichen Verfahren (§ 183 SGG) einschließt (s. bereits BSG, Urt. v. 28.9.2006 – B 3 P 3/05 R, juris Rn 13). Schließlich verweist das Gericht für seine Auffassung auch darauf, die Unterstützung privater Pflegeversicherter dürfe bei der Realisierung der ihnen zustehenden Leistungen und Hilfe nicht hinter den entsprechenden Informations-, Beratungs- und Unterstützungsangeboten im Rahmen des SGB XI zurückbleiben, weshalb die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs entsprechende Geltung auch für die private Pflegeversicherung beanspruchen (s. BSG, Urt. v. 30.8.2023 – B 3 P 4/22 R, juris Rn 17, 20, hierzu Sartorius/Winkler, ZAP 2024, 367, 381 ff.).
Demnach sieht das BSG die Vorgaben des entsprechend anwendbaren § 63 SGB X für die Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten als erfüllt an, auch die in Abs. 2 der Vorschrift für die Erstattungsfähigkeit verlangte Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten. Wegen der Komplexität des Sozialrechts ist die Rechtslage für die Bürger regelmäßig schwer zu erfassen, schon aus diesem Grunde ist die Zuziehung rechtskundiger Bevollmächtigter i.d.R. notwendig. Zugleich rechtfertigen die Gesichtspunkte eines fairen Verfahrens und einer gewissen Waffengleichheit die Hinzuziehung eines sachkundigen Bevollmächtigten (s. bereits BSG, Urt. v. 20.2.2020 – B 14 AS 3/19 R, NJW 2020, 3677 Rn 2...