Vor einiger Zeit haben die mit der Anordnung der Entnahme einer Blutprobe (§ 81a Abs. 2 StPO) zusammenhängenden Fragen die Praxis beschäftigt. Dabei ging es insb. meist um die Frage des sog. Richtervorbehalts. Die Problematik hat sich dann durch die Änderungen durch das „Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens v. 17.8.2017 (BGBl 2017 I, S. 3202; dazu Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 10. Aufl. 2025, Rn 1513 ff.) weitgehend erledigt. Sie hat nun aber dann doch noch einmal ein AG beschäftigt.
In dem vom AG Ratzeburg (Beschl. v. 22.12.2023 – 31a OWi 46/23 jug) entschiedenen Fall hatte der Fahrer eines Pkw bei einer Standkontrolle auf einem BAB-Rastplatz sehr nervös gewirkt. Er konnte nicht stillstehen und hatte deutlich zitternde Hände. Ebenso führte er häufig seine Hände an verschiedene Körperstellen, einmal zum Kratzen am Hals, einmal um in seine Hosentaschen zu greifen. Zudem war der Betroffene redselig und aus Sicht des kontrollierenden Polizeibeamten unangepasst euphorisch. Aus diesen Beobachtungen leitete der Beamte den Verdacht ab, dass der Betroffene eine Drogenfahrt gem. § 24a StVG begangen haben könnte. Da der Pkw-Fahrer einen Urintest verweigerte, wurde eine Blutprobe angeordnet. Nach deren Ergebnis befanden sich im Blut des Betroffenen 3,9 ng/ml THC.
Der Verteidiger hatte mit seinem Rechtsmittel beim AG Ratzeburg (a.a.O.) keinen Erfolg. Nach Auffassung des AG haben die Voraussetzungen des § 81a Abs. 2 S. 1 StPO vorgelegen. Die Blutentnahme habe nicht durch einen Richter angeordnet werden müssen. Der Gesetzeswortlaut fordere einen „einfachen” Verdacht, also keinen hinreichenden oder gar dringenden Tatverdacht. Ein solcher Anfangsverdacht setze nur voraus, dass zureichende, über bloße Vermutungen hinausreichende, tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat (hier: Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG) vorliegen. Das AG hat dem Verteidiger zwar zugestanden, dass die von dem Polizeibeamten geschilderten Umstände isoliert betrachtet den Verdacht einer Tat (gem. § 24a StVG) nicht begründen könnten. Entscheidend sei indessen, dass eine Vielzahl von Besonderheiten beim Betroffenen gelegen habe, die eben diesen Verdacht begründen. Mag man durch die Situation der polizeilichen Kontrolle noch die Nervosität des Betroffenen erklären können, so gilt dies nicht für das Hinzutreten zitternder Hände sowie einer in der Situation unangemessenen Euphorie. Derartige kumulative, situationsuntypische Reaktionen sind gerade durch die Einnahme von Betäubungsmittel zu erklären.
Hinweis:
Die Entscheidung weicht damit – zumindest teilweise – ab von bisher vorliegender Rspr. Dem AG München hat nämlich vor einiger Zeit „Nervosität” in Zusammenhang mit einer nächtlichen Verkehrskontrolle und der Aufforderung von Polizeibeamten, zur Vernehmung auf die Polizeidienststelle mitzukommen, nicht für die Anordnung einer Blutentnahme ausgereicht (AG München, Beschl. v. 12.7.2007 – 1122 Gs 50/07, NJW-Spezial 2008, 121).