Insbesondere beim unerlaubten Entfernen vom Unfallort spielt die Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis in der Praxis eine große Rolle (§§ 69, 69a, 142 StGB; 111a StPO), wobei vor allem die Wertgrenze für den bedeutenden Schaden i.S.d. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB in der Praxis erhebliche Bedeutung hat. Diese dürfte derzeit jedenfalls nicht unter 1.800 EUR anzusetzen sein (so zuletzt auch LG Bielefeld, Beschl. v. 2.2.2024 – 10 Qs 51/24; s. auch LG Hamburg, Beschl. v. 9.8.2023 – 612 Qs 75/23; LG Dresden, Beschl. v. 15.9.2023 – 17 Qs 66/23). Lässt sich aus der Verfahrensakte nicht ermitteln, wie die Schadenshöhe eines bei einem Verkehrsunfall verursachten Schadens ermittelt wurde, lässt sich nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Schaden über der Erheblichkeitsgrenze liegt. Damit entfällt dann eine Voraussetzung für die Entziehung der Fahrerlaubnis (dazu AG Itzehoe, Beschl. v. 27.2.2024 – 40 Gs 579/24). Für die Annahme, dass dem Beschuldigten nach einer Unfallflucht die Fahrerlaubnis entzogen werden wird (§ 111a StPO i.V.m. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB), muss sicher feststehen, dass der Beschuldigte wusste oder wissen konnte, dass ein bedeutender Fremdsachschaden durch ihn verursacht wurde (AG Itzehoe, Beschl. v. 30.12.2023 – 40 Gs 1774/23). Das hat das AG verneint, wenn die Polizei den Schaden an einer Leitplanke, die bei dem Verkehrsunfall beschädigt worden war, zunächst auf 1.500 EUR geschätzt hatte, die Straßenmeisterei den Schaden dann auf 4.000–5.000 EUR geschätzt hat und später dann die Kosten sogar auf 9.340 EUR beziffert wurden.
Das AG Itzehoe hat in einem Beschl. v. 27.2.2024 (40 Gs 579/24) auch zur Frage der charakterlichen Ungeeignetheit des Beschuldigten Stellung genommen. In dem Fall hatte sich der Beschuldigte zwar zunächst – aus Panik – vom Unfallort entfernt, hatte dann aber die Leitstelle der Polizei sehr zeitnah über den Unfall informiert und sich zum Unfallort zurückbegeben. Dort hatte er dann gegenüber der Polizei den Unfall und seine Beteiligung eingeräumt. Nach Ansicht des AG (a.a.O.) liegt in einem solchen Fall eine charakterliche Ungeeignetheit, die die Entziehung der Fahrerlaubnis notwendig macht, nicht vor. Für eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort ist im Übrigen dann kein Raum mehr, wenn seit dem Unfall längere Zeit, z.B. mehr als sechs Monate, verstrichen ist, in der keine weiteren verkehrsrechtsrelevanten Vorkommnisse verursacht durch den Angeklagten bekannt geworden sind und der Angeklagte als Berufskraftfahrer auf die Fahrerlaubnis angewiesen ist (AG Bautzen, Beschl. v. 25.2.2024 – 40 Ds 620 Js 31577/22).
Hinweis:
Dem Beschuldigten ist in einem Verfahren wegen eines Verstoßes gegen § 142 StGB ein Pflichtverteidiger wegen der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge (§ 140 Abs. 2 StPO) zu bestellen, wenn die Staatsanwaltschaft den Angeschuldigten wegen eines Verstoßes gegen § 142 Abs. 1 Nr. 2 StGB angeklagt hat, ihm im Falle der Eröffnung des Verfahrens die Entziehung der Fahrerlaubnis droht, der Beschuldigte aber beruflich dringend auf die Fahrerlaubnis angewiesen ist (LG Itzehoe, Beschl. v. 2.11.2023 – 14 Qs 160/23).