Der Gesetzgeber hat keine konkreten Umstände im Gesetz angeführt, welche bei der Bildung der Kürzungsquote berücksichtigt werden müssten. Folgende Faktoren werden aber in der Rechtsprechung regelmäßig für die Quotenbildung herangezogen.
Literaturhinweis:
Eine ausführlichere Übersicht über alle geltenden wie auch ggf. nicht zu beachtende Faktoren findet sich bei Nugel, Kürzungsquoten nach dem VVG, 2. Auflage 2012.
1. Vorsatznähe
Ein entscheidendes Kriterium bildet die Nähe der groben Fahrlässigkeit zu einem vorsätzlichen Verhalten des Versicherungsnehmers. So findet sich auch den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. den Abschlussbericht der Reformkommission, S. 354 Nr. 13 zu § 83 VVG-E 2006) der Hinweis, dass es für das Ausmaß der Leistungsbefreiung des Versicherers entscheidend ist, ob die grobe Fahrlässigkeit im konkreten Falle nahe beim bedingten Vorsatz oder aber eher im Grenzbereich zur einfachen Fahrlässigkeit liegt. Dies entspricht auch der Empfehlung des Goslarer Orientierungsrahmens (vgl. die Zusammenfassung bei Nugel MDR 2010, 597) und der Grundsatzentscheidung des BGH zu diesem Themenbereich (BGH, Urt. v. 22.6.2011 – IV ZR 205/10, zfs 2011, 511). Umgekehrt ist eine bloß geringe Leistungskürzung angebracht, wenn das Fehlverhalten im Grenzbereich zur einfachen Fahrlässigkeit liegt.
2. Wertung des Strafrechts
Ein gewichtiges Indiz für eine besonders schwerwiegende grobe Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers stellt es dar, wenn der Versicherungsnehmer mit seinem Verhalten zugleich einen Straftatbestand erfüllt. Die gesetzgeberische Wertung, zum Schutz der betroffenen Rechtsgüter ein gefährliches Verhalten mit einer Strafrechtsnorm unter die höchste Sanktion zu stellen, welche der Staat gegenüber dem Bürger androhen kann, bildet zugleich die Basis, um zu Lasten des Versicherungsnehmers von einem besonders erheblichen Fehlverhalten auszugehen. Dies gilt vor allem für den Straftatbestand des § 315c StGB mit den dort normierten "Todsünden im Straßenverkehr", der Vorschrift des § 316 StGB bzgl. des Führens eines Fahrzeugs im Zustand der Fahruntüchtigkeit oder des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 StVG (OLG Saarbrücken, Urt. v. 4.4.2013 – 4 U 31/12, zfs 2013, 466; OLG Dresden, Urt. v. 13.10.2010 – 7 U 466/10, zfs 2010, 633).
Nicht nur das Strafrecht ist aber als Indiz für eine normative Vorprägung von Bedeutung. Gerade im Verkehrsrecht besteht eine Reihe an Vorschriften, die ein Fehlverhalten unterhalb des Grades der Strafwürdigkeit sanktionieren. Zu denken ist vor allem an die weitreichenden Folgen eines "Rotlichtverstoßes" im Ordnungswidrigkeitenrecht, die ein mehrmonatiges Fahrverbot nach sich ziehen können. In Betracht kommen i.Ü. alle Ordnungswidrigkeiten, die mit einem Fahrverbot oder zumindest "Punkten" als Sanktion bewehrt sind (Nugel, Kürzungsquoten nach dem VVG, § 1 Rn. 131).
3. Gefährlichkeit des Fehlverhaltens
Von besonderer Bedeutung ist auch die von dem Verhalten des Versicherungsnehmers ausgehende Gefahr, wie sie beispielsweise bei Trunkenheitsfahrten allgemein bekannt ist (OLG Stuttgart, Beschl. v. 18.8.2010 – 7 U 102/10, NZV 2011, 296; LG Saarbrücken, Urt. v. 18.2.2015 – 14 O 108/14). Hiermit einher geht die erkennbare Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts, die schwerlich von der Gefahrenprognose getrennt werden kann. Ist im Entscheidungs- und Handlungsmoment des Versicherungsnehmers die Gefahr eines Schadenseintritts als gering anzusehen, wiegt sein Verschulden weniger schwer als wenn ein besonders leichtfertiges Fehlverhalten die Gefahr eine Schadenseintritts geradezu auf der "Stirn trägt". Typische Beispiele für eine besondere Gefährlichkeit des Verhaltens des Versicherungsnehmers im Kraftfahrtbereich sind beispielsweise das Überfahren einer roten Lichtzeichenanlage aufgrund einer "Blendung" oder das Führen eines Kfz im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit.
4. Drohende Schadenshöhe
Gerade bei Entwendungsfällen stellen die Höhe des drohenden Schadens und der Wert des gefährdeten Kfz ein weiteres Kriterium für die Abwägung dar. Je wertvoller das Kfz gewesen ist und je größer es einer Gefährdung ausgesetzt wurde, desto höher ist der Verschuldensgrad des Versicherungsnehmers einzustufen (OLG Hamm, Beschl. v. 21.4.2010 – I-20 U 182/09, NJW Spezial 2010, 297; LG Dortmund, Urt. v. 15.7.2010 – 2 O 8/10, zfs 2010, 515). Auch bei einer Trunkenheitsfahrt kann im Kaskofall der Wert des Fahrzeugs eine Rolle spielen (LG Bonn, Urt. v. 31.7.2009 – 10 O 115/09, DAR 2010, 24).
5. Dauer des Fehlverhaltens
Weiterhin zu prüfen ist, wie lange der Pflichtenverstoß und die von ihm ausgehende Gefährdung fortdauern (OLG Saarbrücken, Urt. v. 4.4.2013 – 4 U 31/12, zfs 2013, 466; OLG Hamm, Beschl. v. 21.4.2010 – I-20 U 182/09, NJW Spezial 2010, 297). Je länger das Fehlverhalten des Versicherungsnehmers andauert und eine Gefährdung nach sich zieht, umso schwerer ist sein Verschulden zu gewichten. Auf der anderen Seite ist ein sog. Augenblicksversagen dagegen als kurzzeitiges Außerachtlassen der gebotenen Sorgfalt schuldmindernd zu berücksichtigen (Nugel, Kürzungsquoten nach dem VVG, § 1 Rn. 140 m.w.N.).
6. Offenkundigkeit der Pflichtverletzung
Je offenkundiger das Gefährdungspotential is...