1. Einordnung zweier grenzständiger Baukörper als Doppelhaus
Ein Nachbar, der sich auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB gegen ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, kann mit seiner Klage nur durchdringen, wenn die angefochtene Baugenehmigung gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Dies ist der Fall, wenn das genehmigte Vorhaben zwar in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine Umgebung nicht einfügt, weil es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in unmittelbarer Nähe vorhandene Bebauung fehlt (BVerwGE 55, 369, 385 f.).
Das BVerwG hat in seinem Urteil vom 19.3.2015 (4 C 12.14, BauR 2015, 1309 ff.) für Doppelhäuser insoweit konkretisiert, als dann, wenn ein unbeplanter Innenbereich in offener Bauweise bebaut sei, weil dort nur Einzelhäuser, Doppelhäuser und Hausgruppen i.S.d. § 22 Abs. 2 BauNVO den maßgeblichen Rahmen bildeten, sich ein grenzständiges Vorhaben i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB grundsätzlich nicht nach der Bauweise einfüge, das unter Beseitigung eines bestehenden Doppelhauses grenzständig errichtet werde, ohne mit dem verbleibenden Gebäude ein Doppelhaus zu bilden. Ein solches Vorhaben verstoße gegenüber dem Eigentümer der bisher bestehenden Doppelhaushälfte grundsätzlich gegen das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme. Allerdings lasse sich weder abstrakt-generell noch mathematisch-prozentual festlegen, in welchem Umfang die beiden Haushälften an der Grenze zusammengebaut sein müssten. Es bedürfe einer Würdigung des Einzelfalls unter Betrachtung quantitativer und qualitativer Gesichtspunkte.
2. Unterbrechung der Frist zur Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 Abs. 2 S. 2 BauGB durch Zurückstellung eines Baugesuchs
Gemäß § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB wird über die Zulässigkeit von Vorhaben u.a. nach § 35 BauGB im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Einvernehmen bedeutet, dass die Genehmigungsbehörde die Genehmigung nicht gegen den Willen der zur Mitwirkung berufenen Gemeinde erteilen darf (BVerwG Buchholz 406.11 § 36 BBauG Nr. 35 S. 10). Das Einvernehmen ist gem. § 36 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BauGB auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren entschieden wird. Nach § 36 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB gilt das Einvernehmen als erteilt, wenn es nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert wird.
Das BVerwG nimmt in seinem Urteil vom 26.3.2015 (4 C 1.14, BauR 2015, 1457 ff. = NVwZ-RR 2015, 685 ff.) an, dass sich die Aussetzung der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in § 15 BauGB geregelt ist, auf die Frist des § 36 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB auswirke. Sowohl § 15 BauGB als auch § 36 BauGB dienten der Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit. Die Entscheidung nach § 15 BauGB habe zur Folge, dass die Genehmigungsbehörde während der Geltungsdauer der Aussetzung das Baugesuch nicht zu bearbeiten brauche (BVerwG Buchholz 406.11 § 15 BauGB Nr. 7, Rn. 9). Zwar benenne § 15 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 S. 1 BauGB als Gegenstand der Aussetzung die "Entscheidung" über die Zulässigkeit von Vorhaben. Mit der Aussetzung der Entscheidung sei aber die Aussetzung des Verwaltungsverfahrens gemeint. Dies ergebe sich nicht nur aus der amtlichen Überschrift "Zurückstellung von Baugesuchen" des § 15 BauGB, sondern auch aus § 15 Abs. 3 S. 1 BauGB, der den Zeitraum der Aussetzung an die Zustellung der "Zurückstellung des Baugesuchs" knüpfe.