1. Bestimmtheit des Antrags bei einer Klage auf Zahlung einer Entschädigung für immaterielle Nachteile

Das Erfordernis eines bestimmten Klageantrags ist in § 82 Abs. 1 S. 2 VwGO als bloße Sollvorschrift ausgestaltet. Ihm muss aber mit der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung (§ 103 Abs. 3 VwGO) genügt werden. Welche Anforderungen sich hieraus ergeben, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen materiellen Rechts und von den Umständen des Einzelfalls ab (BVerwGE 147, 312, Rn. 54). Wird im Verwaltungsprozess unmittelbar auf Leistung eines Geldbetrags geklagt, ist die Forderung grundsätzlich der Höhe nach im Klageantrag zu beziffern. Ein unbezifferter Klageantrag ist aber ausnahmsweise zulässig, wenn die Schwierigkeit, den Klageantrag hinreichend genau zu bestimmen, durch außerhalb der Klägersphäre liegende Umstände verursacht wird (vgl. BVerwG Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 93 S. 60).

Das gilt nach dem Urteil des BVerwG vom 26.2.2015 (5 C 5.14 D, NVwZ-RR 2015, 641 ff.) auch für die Klage auf Zahlung einer Entschädigung für immaterielle Nachteile nach den gem. § 173 S. 2 VwGO im Verwaltungsprozess entsprechend anwendbaren Vorschriften des § 198 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 GVG jedenfalls deshalb, weil sie eine Ermessensausübung des Gerichts nach § 198 Abs. 2 S. 4 GVG erfordert. Das Gericht hat danach stets von Amts wegen zu prüfen, ob der Pauschalbetrag gem. § 198 Abs. 2 S. 3 GVG nach den Umständen des Einzelfalls unbillig und daher ein höherer oder niedrigerer Betrag festzusetzen ist. Um das Erfordernis eines bestimmten Klageantrags in diesem Fall zu erfüllen, muss der Kläger die für die Bemessung der Höhe des Anspruchs erforderlichen Tatsachen benennen und die Größenordnung der geltend gemachten Entschädigung (etwa einen Mindestbetrag) angeben (vgl. st. Rspr. zu § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 287 ZPO, z.B. BGH NJW 1992, 311, 312; BGHZ 132, 341, 350 und NJW 2002, 3769).

2. Umfang der Sorgfaltspflichten eines Einzelanwalts

Im Rahmen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellt sich die Frage, ob dem Rechtsanwalt ein Verschulden an der Versäumung der maßgeblichen Frist trifft (§ 60 Abs. 1 VwGO). Bei der Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Fax an das Gericht handelt es sich um eine einfache technische Verrichtung, die ein Rechtsanwalt einer hinreichend geschulten und überwachten Kanzleikraft überlassen darf (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 155 S. 8, Nr. 235 S. 23). Der Anwalt ist aber gehalten, Fehlerquellen bei der Behandlung von Fristsachen soweit wie möglich auszuschließen. Entscheidend ist, ob die vom Anwalt allgemein oder im konkreten Fall gegebenen Anweisungen nach Maßgabe der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ausreichen, um den rechtzeitigen Zugang des Schriftstücks beim Empfänger sicherzustellen. Gibt der Anwalt einer bisher zuverlässigen und fachlich qualifizierten Kanzleikraft eine konkrete mündliche Einzelanweisung über die rechtzeitige Übermittlung eines fristwahrenden Schriftsatzes, darf er grundsätzlich darauf vertrauen, dass sie befolgt wird (vgl. BGH NJW-RR 2004, 1361, 1362 und NJW-RR 2007, 1430, Rn. 9). Auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen für die Fristwahrung kommt es in diesem Fall nicht an (BGH NJW-RR 2013, 1467). Dieser Grundsatz gilt aber nicht ausnahmslos. Betrifft die Einzelanweisung einen wichtigen Vorgang wie die Wahrung einer Rechtsmittelbegründungsfrist und wird sie nur mündlich erteilt, müssen in der Kanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, dass die Anordnung im Drange der Geschäfte in Vergessenheit gerät und die Frist dadurch versäumt wird. Wird nicht unmissverständlich die sofortige Versendung angeordnet, sondern der Kanzleikraft ein Spielraum von mehreren Stunden zur Erledigung der aufgetragenen Arbeit eingeräumt, bedeutet das Fehlen jeder Sicherung einen Organisationsmangel (BGH NJW-RR 2004, 1361, 1362 und NJW 2008, 526, Rn. 10 ff.).

Allerdings hat das BVerwG in seinem Beschluss vom 25.3.2015 (9 B 65.14 – NJW 2015, 1976 f.) ein Organisationsdefizit des Rechtsanwalts verneint, wenn ein als Einzelanwalt tätiger Rechtsanwalt, der vor dem Verlassen der Kanzlei seiner einzigen Bürokraft die mündliche Weisung erteilt, einen Schriftsatz zur Wahrung einer Rechtsmittelbegründungsfrist im Lauf des Nachmittags per Telefax an das zuständige Gericht abzusenden, die von der Bürokraft aber die Anweisung deshalb nicht ausgeführt wird, weil sie nach der Nachricht von einem Unfall ihrer Tochter überstürzt die Kanzlei verlässt, ohne den Auftrag auszuführen. Es würde die Überspannung der individuellen Sorgfaltspflichten bedeuten, wollte man von einem als Einzelanwalt tätigen Rechtsanwalt, der nur eine Kanzleikraft beschäftige, umfassende organisatorische Vorkehrungen auch gegen solche außerhalb seines Einwirkungsbereichs liegende Zwischenfälle verlangen. Dies käme dem Ansinnen gleich, generell auf nicht sofort auszuführende Einzelweisungen zu verzichten.

3. Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer

Nach § 198 Abs. 5 S. 1 GVG i.V.m. § 173 S. 2 VwGO kann eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach § 198 Abs. 1 GVG frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Einhaltung dieser Frist ist eine besondere Sa...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?