Anders als bei der Steuerverkürzung enthält das Gesetz keine weitergehende Begriffsbeschreibung des Steuervorteils (§ 370 Abs. 4 S. 2 Hs. 1 AO).
Die h.L. grenzt Steuerverkürzung/Steuervorteilserlangung nach Verfahrensstadien ab. Danach sind Steuerverkürzungen im Festsetzungsverfahren (§§ 155 ff. AO), Steuervorteile außerhalb des Festsetzungsverfahrens (also insbesondere in der Steuererhebung, §§ 218 ff. AO, und der Vollstreckung, §§ 249 ff. AO; vgl. Kottke StB 1999, 63) gegeben. Demgegenüber definiert der BGH den Steuervorteil im "Feststellungsbescheidbeschluss" (BGH, Beschl. v. 10.12.2008 – 1 StR 322/08, BGHSt 53, 99) als Vorteil spezifisch steuerlicher Art, der auf dem Tätigwerden der Finanzbehörde beruht und eine hinreichend konkrete Gefährdung des Steueranspruchs bewirkt.
Mehr oder weniger unstreitig zählen Stundung (§ 222 AO), Erlass (§ 227 AO), Vollstreckungsbeschränkungen (§§ 257, 258 AO) und Niederschlagung (§ 261 AO) zu den Steuervorteilen.
Hinweis:
In diesen Bereichen (Erhebung/Vollstreckung) ist die Steuervorteilserlangung auch kein abstraktes Gefährdungs-, sondern Verletzungsdelikt. Das bedeutet, dass nicht der nominelle Wert, sondern der tatsächliche wirtschaftliche Wert des Steuervorteils den Taterfolg darstellt. Außerhalb des Festsetzungsverfahrens hat zur Bestimmung des Taterfolges daher immer eine wirtschaftliche Bewertung des Steuervorteils zu erfolgen.
Seit dem sog. Feststellungsbescheidbeschluss des BGH (Beschl. v. 10.12.2008 – 1 StR 322/08, BGHSt 53, 99) ist auch die Bekanntgabe eines unrichtigen Feststellungsbescheids als Erlangung eines ungerechtfertigten steuerlichen Vorteils anzusehen. Die eigentliche Steuerfestsetzung erfolgt zwar erst später im Steuerbescheid für den Beteiligten, allerdings kommt dem Feststellungsbescheid bereits bindende Wirkung für diese spätere Steuerfestsetzung zu (Grundlagenverwaltungsakt). Eine hinreichend konkrete Gefährdung der Steuerfestsetzung ist daher bereits durch Erlass des Feststellungsbescheids eingetreten. Diese Überlegung des BGH, dass der Steueranspruch auch bereits im Vorfeld einer Steuerfestsetzung konkret gefährdet sein kann (vgl. BGH, Beschl. v. 10.12.2008 – 1 StR 322/08, BGHSt 53, 99), ist auf vergleichbare Konstellationen zu übertragen (Verlustfeststellung § 10d EStG vgl. FG München, Urt. v. 23.2.2010 – 13 K 1694/07, PStR 2010, 241; Verlustfeststellung § 10a GewStG vgl. BGH, Beschl. v. 2.11.2010 – 1 StR 544/10, PStR 2011, 31), z.B. auf den Gewerbesteuermessbescheid.
Umstritten ist, ob das bloße Erschleichen der Durchbrechung der formellen Bestandskraft durch unberechtigte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einen Steuervorteil darstellt (verneinend OLG Hamm, Beschl. v. 14.10.2008 – 4 Ss 345/08, wistra 2009, 80; a.A. Klein/Jäger, § 370 Rn. 123).
Der Steuervorteil muss darüber hinaus von den Tatbeständen der §§ 263, 264 StGB abgegrenzt werden. Dies ist nicht einfach, da der Steuervorteil auch dem Subventionsbegriff des § 264 Abs. 3 StGB unterfallen könnte. Soweit nicht in einzelnen Gesetzen ausdrücklich auf § 370 AO bzw. §§ 263, 264 StGB verwiesen wird, ist entscheidend, ob der Vorteil aus der Anwendung eines Steuergesetzes resultiert. Beispielsweise handelt es sich bei der Eigenheimzulage nach der Rechtsprechung um eigenständige Regeln der Wohnungsbauförderung, die vom Steuerrecht grundsätzlich unabhängig sind (vgl. allerdings § 15 EigZulG). Die unrechtmäßige Erlangung von Eigenheimzulage ist daher nach § 263 StGB zu ahnden (BGH, Urt. v. 6.6.2007 – 5 StR 127/07, wistra 2007, 388).