a) Widerspruch des Tatbestands zum Inhalt von Schriftsätzen
Aus der Tatbestandswirkung des § 314 S. 1 ZPO folgt, dass bei einem Widerspruch zwischen Feststellungen im Tatbestand und den eingereichten Schriftsätzen die Ausführungen im Tatbestand maßgeblich sind (vgl. BGH, Urt. v. 2.2.1999 – VI ZR 25/98, NJW 1999, 1339 ff.); auch wenn auf den Schriftsatz allgemein Bezug genommen worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 8.1.2007 – II ZR 334/04, NJW-RR 2007, 1434 ff.): "Bei einem Widerspruch zwischen dem Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und der Wiedergabe des Parteivorbringens im Urteilstatbestand sind die Ausführungen im Tatbestand maßgeblich" (BGH, Urt. v. 8.11.2007 – I ZR 99/05, NJW-RR 2008, 1566 f.). Auch wenn bei einem Widerspruch zwischen dem Tatbestand und einem konkret in Bezug genommenen Schriftsatz keine Beweiskraft des § 314 ZPO bestehen sollte (vgl. BGH, Urt. v. 16. 12. 2010 â^’ I ZR 161/08, NJW 2011, 1513 f.), sollte dennoch ein Tatbestandsberichtigungsantrag erfolgen.
b) Strittiges versus Unstrittiges
Wird eine Tatsache im Tatbestand irrig als unstrittig bezeichnet (oder umgekehrt), unterfällt dies der Tatbestandswirkung des § 314 ZPO (vgl. BGH, Urt. v. 21.12.2010 – VI ZR 312/09, NJW 2011, 1961 f.; ebenso BGH, Urt. v. 13.7.2000 – I ZR 49/98, NJW 2001, 448 ff.; BGH, Urt. v. 8.11.2007 – I ZR 99/05, NJW-RR 2008, 1566 f.).
c) Kurzfristiges oder nur mündliches Vorbringen
Tatsächlich bleibt die negative Beweiskraft für solche Angriffs- und Verteidigungsmittel von Bedeutung, die in der mündlichen Verhandlung ohne vorherige Ankündigung in einem vorbereitenden Schriftsatz vorgebracht werden (vgl. BGH, Urt. v. 12.3.2004 – V ZR 257/03, NJW 2004, 1876, 1879) oder so kurzfristig eingereicht worden sind, dass fraglich erscheinen muss, ob er zu den Akten/dem Gegner gelangt ist. In diesem Fall ist eine ausdrückliche und damit eine konkrete Bezugnahme im Tatbestand erforderlich, die über einen Tatbestandsberichtigungsantrag erreicht werden muss (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 137 Rn 3).
d) Dokumentation eines Hinweises (§ 139 Abs. 4 S. 1 ZPO)
Die Erteilung eines Hinweises kann auch im Tatbestand erfolgen (vgl. BGH, Urt. v. 22.9.2005 – VII ZR 34/04, NJW 2006, 60, 62). Wird der Hinweis im Tatbestand fälschlich oder mit anderem Inhalt behauptet, ist ein Tatbestandsberichtigungsantrag zwingend (vgl. Doukoff, Rn 134 f. m.w.N.).
e) Widerspruch zwischen Urteilsgründen und Tatbestand
Zwar entfaltet ein widersprüchlicher Tatbestand keine Beweiskraft, wobei es für die Widersprüchlichkeit genügt, dass sich zwischen den Gründen und dem Tatbestand des Urteils ein Widerspruch ergibt (s.o.), jedoch soll der "eindeutige Tatbestand" einer "tatsächlichen Unterstellung" in den Gründen wiederum vorgehen (BAG, Urt. v. 23.12.1971 – 1 AZR 217/71, NJW 1972, 789, str.). Da nicht verlässlich prognostiziert werden kann, wann "widersprüchliche Feststellungen" gegenüber einem vorgehenden "eindeutigen Tatbestand" vorliegen, ist bei einem Widerspruch von Feststellungen zwischen den Gründen und dem Tatbestand ein entsprechender Berichtigungsantrag notwendig.
Grundsätzlich gilt aber, dass der Widerspruch zwischen Tatbestand und Gründen (außerhalb von Feststellungen) nur durch ein Rechtsmittel beseitigt werden kann (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 320 Rn 4 m.w.N.; Eichele/Hintz/Oberheim, a.a.O., Kap. D Rn 195).
f) Dokumentation Zeugen- und Sachverständigenaussage
Werden Zeugen- oder Sachverständigenaussagen nicht protokolliert (§ 161 ZPO), aber im Tatbestand oder in Gründen des Urteils falsch wiedergegeben, ist auch hier ein Tatbestandsberichtigungsantrag erforderlich (str. vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 320 Rn 4 m.w.N.).
g) Form des Tatbestandsberichtigungsantrags
Die behauptete Unrichtigkeit ist konkret und übergangener Parteivortrag oder Beweisantritt sind möglichst wörtlich vorzutragen (vgl. Doukoff, a.a.O., Rn 141 m.w.N.).