Die Beurteilung eines Franchisevertrags fällt deswegen so schwer, weil dieser als ein komplexes Vertragsmuster Gesetzesvorschriften aus unterschiedlichen Rechtsgebieten berücksichtigt, wie Gewerblicher Rechtsschutz, Handelsrecht, Schuldrecht, Wettbewerbs- und Kartellrecht, das Verbraucherschutzrecht sowie das Arbeits- und Sozialrecht. Der Franchisevertrag stellt sich damit als ein sog. Typenkombinationsvertrag dar, d.h. ein Vertrag, der u.a. Regelungen der gesetzlich geregelten Vertragstypen, wie Kaufvertrag, Dienstvertrag und Werkvertrag, mit berücksichtigt (vgl. dazu insbesondere Giesler, in: Franchiserecht, Kap. 5, Rn 68 ff. m.w.N.; s. aus der Rspr. vor allem: OLG Frankfurt WiB 1996, 640 – Pronuptia III; dazu Flohr, Jahrbuch Franchising 1996/97, 165 ff.).
Da der Franchisevertrag die Rahmenregelung für die langjährige Zusammenarbeit zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer darstellt, wird dieser auch als ein sog. Dauerschuldverhältnis bezeichnet; auch deswegen, weil sich die Leistungen von Franchisegeber und Franchisenehmer nicht in einem einmaligen Leistungsaustausch – wie z.B. beim Kauf eines Pkw – erschöpfen (s. grundsätzlich nach wie vor: Gitter, Handbuch des Schuldrechts, Gebrauchsüberlassungsverträge, Tübingen 1988, § 14 mit ausführlicher Darstellung der wechselseitigen Leistungsverpflichtungen; s. aus der Rspr. BGH NJW 1999, 1177 Giesler, in: Franchiserecht, Kap. 5 Rn 69). Insofern wird ein Franchisevertrag auch den "Langzeitverträgen" zugeordnet, wobei der Begriff dem US-amerikanischen Recht (long time contracts) entlehnt ist (s. auch insoweit Giesler, Franchiserecht, Kap. 5 Rn 69d; grundsätzlich auch zu den besonderen Typen von Dauerschuldverhältnissen: MüKo-BGB/Kramer, 5. Aufl. 2007, Einl. zu § 241 BGB Rn 96 ff. m.w.N.).
Aufgrund dieses Charakters des Franchisevertrags als eines "Dauerschuldverhältnisses" ergeben sich auch gesteigerte Treue- und Fürsorgepflichten, d.h. sowohl der Franchisegeber als auch der Franchisenehmer und umgekehrt sind verpflichtet, bei der Umsetzung des abgeschlossenen Franchisevertrags die Interessen der jeweils anderen Vertragspartei zu berücksichtigen. Dies muss sich auch im abgeschlossenen Franchisevertrag abbilden, indem z.B. die Anpassung des Franchise-Handbuchs unter die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gestellt wird und entsprechende Rücksichtnahmen vom Franchisegeber auch zu verlangen sind, wenn es um die Änderung der im Franchise-Outlet abzusetzenden Produkte oder der zu erbringenden Dienstleistungen geht bzw. Marketingkonzepte umgesetzt werden sollen oder aber nicht unerhebliche Investitionen aufgrund geänderter Corporate Identity des Franchise-Systems in das jeweilige Franchise-Outlet notwendig und insoweit auch vom Franchisenehmer zu tätigen sind (umfassend zu den Fürsorge- und Treuepflichten: Metzlaff, in: Praxishandbuch Franchising, 2003, § 8 Rn 373 ff.).
Trotz dieser gebotenen Rücksichtnahme auf die Interessen des Franchisenehmers bleibt die Systemführerschaft beim Franchisegeber. Dieser passt das Know-how des Franchise-Systems den jeweiligen Marktgegebenheiten an und entwickelt Werbe- und Marketingkonzepte, die vom Franchisenehmer in seinem jeweiligen Franchise-Outlet umzusetzen sind. Dies ist vom BGH schon mit den sog. Benetton-Entscheidungen vom 23.7.1997 (BGHZ 136, 295 [Benetton I]; NJW 1997, 3309 [Benetton II]) und vom 6.12.2001 (WRP 2002, 434 [Benetton III]) festgestellt worden.
Hinweis:
Diese grundsätzliche Bedeutung der Benetton-Entscheidung für die Systemführerschaft des Franchisegebers wird i.d.R. übersehen, da diese im Wesentlichen mit den Grenzen der sog. Schockwerbung in Verbindung gebracht wird, wie auch die Entscheidungen des BVerfG (WRP 2001, 129; WRP 2003, 663) zeigen.