Bestandteil der vorvertraglichen Aufklärung ist jedoch nicht eine vom Franchisegeber durchzuführende Standortanalyse. Hier hat sich die Rechtsprechung geändert. Seit der Entscheidung des OLG Brandenburg (Urt. v. 28.9.2005 – 4 U 37/05, NJW-RR 2006, 51; dazu Flohr BB 2006, 389, 392) steht in Übereinstimmung mit der Entscheidung des OLG Düsseldorf (Urt. v. 30.6.2004 – VI U Kart. 40/02 n.v.) fest, dass es sich bei der Standortanalyse um eine ureigene Aufgabe des Franchisenehmers handelt. Dieser hat den Standort für sein Franchise-Outlet als Ausdruck seiner Unternehmertätigkeit selbst auszuwählen. Allerdings ist der Franchisegeber verpflichtet, dem Franchisenehmer Kriterien an die Hand zu geben, anhand derer der geeignete Standort für das Franchise-Outlet gefunden werden kann. Sind diese Informationen nicht zutreffend und wird dann ein nicht geeigneter Standort ausgewählt, so liegt eine Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflichten des Franchisegebers vor, die diesen zur Leistung von Schadensersatz nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsabschluss (culpa in contrahendo) gem. §§ 311, 280 BGB verpflichtet.
Da die Rechtsprechung mittlerweile dazu tendiert, auch im Rahmen der vorvertraglichen Aufklärung verstärkt wieder die Stellung des Franchisenehmers als wirtschaftlich selbstständigen Unternehmer zu sehen, der wie jeder andere Geschäftsmann auch die mit dem Abschluss des Franchisevertrags verbundenen wirtschaftlichen Risiken zu tragen hat, besteht im Rahmen der vorvertraglichen Aufklärung keine Verpflichtung mehr für den Franchisegeber
- eine Standortanalyse und/oder
- eine realistische Rentabilitätsvorausschau und/oder
- Umsatzprognose
vorzulegen. Dies sind nunmehr eigene Aufgaben des Franchisenehmers. Der Franchisegeber ist ggf. lediglich gehalten, dem Franchisenehmer die Tools an die Hand zu geben, anhand derer er für den beabsichtigten Standort eine Standortanalyse durchführen bzw. eine Rentabilitätsvorausschau für sein Franchise-Outlet zu Finanzierungszwecken erstellen kann.
Hinweis:
Die Zeiten, in denen die Rechtsprechung eine Standortanalyse des Franchisegebers als dessen ureigene Aufgabe ansah, auch wenn dies nicht im Franchisevertrag vertraglich geregelt war, sind endgültig vorbei (zum Ganzen Böhner BB 2011, 2248 ff.).
Allerdings darf nicht übersehen werden, dass das OLG Hamm – entgegen der bisherigen Rechtsprechung – nunmehr wieder fordert, dass der Franchisegeber nicht nur eine Rentabilitätsanalyse vorzulegen habe, sondern diese nicht auf Schätzungen, sondern auf vom Franchisegeber selbst angestellten Markterhebungen beruhen müsse (Urt. v. 22.12.2011, ZVertriebsR 2012, 177 m. Anm. Flohr). Hier gilt es die weitere Entwicklung in der Rechtsprechung abzuwarten, die in den letzten Jahren ständig zwischen der Betonung der Schutzwürdigkeit des Franchisenehmers und der daraus resultierenden umfassenden Aufklärungspflicht und einer die unternehmerische Selbstständigkeit des Franchisenehmers betonenden Aufklärungspflicht des Franchisegebers "hin und her" pendelt. Dies zeigt auch die Entscheidung des OLG Frankfurt (v. 6.12.2011 – 3 U 22/10, n.v.), die an eine Rentabilitätsvorausschau eines Franchisegebers nicht die gleichen strengen Anforderungen stellt wie das OLG Hamm. Bestätigt wird allerdings die Entscheidung des OLG Hamm durch das Urteil des OLG Düsseldorf vom 25.10.2013 (ZVertriebsR 2014, 46 m. Anm. Flohr). Dies ergibt sich schon aus den Leitsätzen 1–4 der Entscheidung:
Zitat
- Der Franchisegeber hat als (potentieller) Vertragspartner nicht die Aufgaben eines Existenzgründungsberaters. Ihm obliegt insbesondere nicht, den Franchisenehmer über die allgemeinen Risiken einer beruflichen Selbstständigkeit aufzuklären oder für ihn insoweit umfassende Kalkulationen zu erstellen.
- Der Franchisegeber ist indes verpflichtet, den (potentiellen) Franchisenehmer vor Abschluss des Franchisevertrags über die Rentabilität des von ihm angebotenen Franchise-Systems auf insgesamt zutreffender Tatsachenbasis, d.h. insgesamt wahrheitsgemäß, aufzuklären, da die Rentabilität des Systems für den potentiellen Franchisenehmer im Vorfeld des Vertragsschlusses – für den Franchisegeber ohne weiteres erkennbar – von besonderer Bedeutung ist.
- Die Aufklärungspflicht des Franchisegebers über die Rentabilität umfasst insbesondere auch die Pflicht, zutreffende Angaben über die erzielbaren Umsätze zu machen und sein System nicht erfolgreicher darzustellen als es tatsächlich ist. Das zur Aufklärung über die erzielbaren Umsätze verwendete Datenmaterial muss auf einer sorgfältigen Untersuchung des Marktes (der jeweiligen Branche nebst deren Eigenheiten) beruhen, auf den konkreten Standort (bzw. die vorvertraglich in Rede stehende Franchiseregion) ausgerichtet sein und darf – ohne entsprechenden eindeutigen Hinweis – nicht lediglich den Charakter einer Schätzung aufweisen.
- Wenn der Franchisenehmer hinreichend substantiiert Anzeichen für – zumindest – unzureichende bzw. irreführende und auch tatsächlich falsche vorvertragliche Angaben des Franch...