a) Feststellungsklage gegen Aufforderung zur Kostensenkung zulässig
Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (KdU) im Rahmen der Angemessenheit anerkannt. Soweit sie die Angemessenheitsgrenze übersteigen, sind sie so lange als Bedarf anzuerkennen, wie es der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Aufwendungen zu senken (§ 22 Abs. 1 S. 3 SGB II). Hierzu erlässt das Jobcenter zunächst eine Kostensenkungsaufforderung.
Nach ständiger BSG-Rechtsprechung stellt die Kostensenkungsaufforderung keinen VA, sondern lediglich ein Informationsschreiben dar. Deshalb ist eine Anfechtungsklage dagegen unzulässig. Die Leistungsberechtigten mussten vielmehr abwarten, bis das Jobcenter einen geringeren Bedarf anerkannte und dann gegen die gekürzten Leistungen vorgehen.
Mit Urteil vom 15.6.2016 (B 4 AS 36/15 R) hält das BSG hieran grundsätzlich fest, erklärt aber nun bereits vor tatsächlicher Bedarfsabsenkung im Interesse des effektiven Rechtsschutzes eine Klage auf Feststellung, dass eine Kostensenkungsobliegenheit nicht bestehe, für zulässig. Wegen der grundsätzlichen Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Anfechtungsklage soll dies allerdings nur als Ultima Ratio gelten: Das Feststellungsinteresse setze voraus, dass den Leistungsberechtigten nicht zuzumuten sei, die tatsächliche Kürzung des anerkannten Bedarfs abzuwarten. Im entschiedenen Fall war das deshalb gegeben, weil das Jobcenter über mehrere Bewilligungsabschnitte hinweg seine Forderung nach Kostensenkung aufrechterhalten hatte, obwohl es – teils auf Rechtsmittel hin – durchgängig die tatsächlichen KdU-Aufwendungen übernahm.
b) Dynamisierung der Deckelung des Unterkunftsbedarfs nach nicht erforderlichem Umzug
Nach § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II sind als Bedarf für Unterkunft und Heizung nach einem nicht erforderlichen Umzug innerhalb des Bereichs des kommunalen Trägers höchstens die bisherigen Aufwendungen anzuerkennen, auch wenn sich die neuen, höheren tatsächlichen Aufwendungen im Rahmen der Angemessenheit halten. Bereits am 9.4.2014 (B 14 AS 6/14 R, s. Pattar/Sartorius ZAP F. 18, S. 1427) hatte das BSG hierzu entschieden, dass diese Deckelung nur dann möglich ist, wenn überhaupt eine zutreffend ermittelte Angemessenheitsgrenze besteht. Gleichzeitig forderte das BSG eine Dynamisierung der Deckelung bei anerkannten Kostensteigerungen auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt, ohne hierfür nähere Maßstäbe zu definieren.
Dieser Linie schloss sich der 4. Senat am 17.2.2016 (B 4 AS 12/15 R) an und stellte – wenn auch in einem Obiter Dictum – Maßstäbe für die Dynamisierung auf: Es sei nicht auf die konkrete Mietpreisentwicklung der vor dem nicht erforderlichen Umzug bewohnten Unterkunft abzustellen, sondern die Entwicklung der Angemessenheitsgrenze.
Praxishinweis:
Weil auch nach dem 4. Senat eine zutreffende Festsetzung der Angemessenheitsgrenze erforderlich ist, dies aber häufig genug gerade nicht vorliegt, dürfte ein Vorgehen gegen die Deckelung sehr häufig Erfolg versprechen.
c) Inhaberschaft des Unterkunftsbedarfs bei temporärer Bedarfsgemeinschaft bzw. Umgangsrecht
Lebt ein Kind, dessen Eltern getrennte Wohnungen haben, zeitweise bei dem einen, zeitweise bei dem anderen Elternteil, liegt an den Tagen des gemeinsamen Aufenthalts grundsätzlich jeweils eine temporäre Bedarfsgemeinschaft mit dem jeweiligen Elternteil vor. In der bisherigen Rechtsprechung war offen gelassen worden, wie die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung aufzuteilen sind. In seinem Urteil vom 17.2.2016 (B 4 AS 2/15 R) entschied das BSG nun über einen Fall, in dem ein Kind überwiegend bei der Mutter und nur zur Ausübung des Umgangsrechts beim Vater lebte. Das Kind erhielt bereits als Bedarf für Unterkunft und Heizung die kopfanteiligen Aufwendungen für die gemeinsam mit der Mutter bewohnte Unterkunft. Streitig war nun, ob ihm auch für die väterliche Wohnung, in der es sich nur alle 14 Tage wochenends aufhielt, ein Bedarf für Unterkunft und Heizung zustand. Das BSG verneinte dies: Ein Unterkunftsbedarf stehe dem Kind nur in der Wohnung des Lebensmittelpunkts zu. Ein eventuell bestehender zusätzlicher Wohnbedarf beim umgangsberechtigten Vater zur Ausübung des Umgangsrechts könne im Rahmen der konkreten Angemessenheit der Unterkunfts- und Heizungsaufwendungen nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II bei diesem zu berücksichtigen sein. Das BSG hat diese Aufteilung auch im konkreten Fall vorgenommen, in dem der Vater wegen eines Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 5 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen war.
d) Verteilung der Unterkunfts- und Heizungsbedarfe für die Berechnung des Kinderzuschlags
Um einen Bezug von SGB-II-Leistungen bei gering verdienenden Familien mit Kindern zu vermeiden, sieht § 6a BKGG einen Kinderzuschlag vor. Diesen Kinderzuschlag erhalten gem. § 6a Abs. 1 BKGG Personen für in ihrem Haushalt lebende unverheiratete und nicht verpartnerte unter 25-jährige Kinder, für die sie (Nr. 1) kindergeldberechtigt sind, wenn sie (Nr. 2) außer Wohngeld und Kindergeld über ein Brutto-Mindesteinkommen von 900 EUR (Alleinerziehende: 600 EUR) monatlich verfügen, wenn sie (Nr. 3) außer dem Wohngeld über ein Höchsteinkommen verfügen und wenn (Nr. 4) durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II vermieden we...