a) Kein automatischer Wohngruppenzuschlag für Familien
Seit dem 30.10.2012 sieht § 38a SGB XI für Pflegebedürftige, die mit anderen Personen, darunter mindestens zwei weiteren Pflegebedürftigen, in einer ambulant betreuten Wohngruppe (WG) leben, bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen einen pauschalen WG-Zuschlag von 205 EUR (ab 1.1.2017: 214 EUR) monatlich vor. Eine dieser weiteren Voraussetzungen ist, dass eine Person, die sog. Präsenzkraft, von den WG-Mitgliedern gemeinschaftlich beauftragt ist, unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten zu verrichten.
In seinem Urteil vom 18.2.2016 (B 3 P 5/14 R) hatte das BSG darüber zu entscheiden, ob Pflegebedürftigen dieser WG-Zuschlag auch dann zusteht, wenn sie – wie im Fall der Kläger – mit mehreren Großfamilienmitgliedern, darunter mehreren Pflegebedürftigen, gemeinsam einen landwirtschaftlichen Hof bewohnen. SG und LSG hatten den WG-Zuschlag zuerkannt. Insbesondere sei es unschädlich, dass neben dem vom Gesetz vorausgesetzten Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung auch andere Zwecke mit dem Zusammenleben verfolgt würden. Das BSG hingegen wies die Klage ab: Zwar könne auch familiäres Zusammenleben eine WG sein, Voraussetzung sei aber, dass die Familie in einer gemeinsamen Wohnung lebe. Davon könne ausgegangen werden, wenn der Sanitärbereich, die Küche und – soweit vorhanden – der Aufenthaltsraum einer abgeschlossenen Wohneinheit mit eigenem, abschließbarem Zugang vom Freien, von einem Treppenhaus oder einem Vorraum aus von allen Bewohnern jederzeit allein oder gemeinsam genutzt werden kann.
Allerdings müsse der Zweck des Zusammenlebens derjenige der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung sein. Zur Ermittlung des Zwecks seien alle festgestellten inneren und äußeren Umstände in eine Gesamtwürdigung einzustellen und unter Berücksichtigung aller weiteren Umstände zu bewerten. Der innere Zweck müsse nach außen hin objektiviert werden, insbesondere durch die gemeinschaftliche Beauftragung der Präsenzkraft. Das BSG hat dabei offen gelassen, ob hierfür das Beschäftigungsverbot für Angehörige aus § 77 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 SGB XI gilt. Da durch dieses Verständnis Familienverbünde nicht generell vom WG-Zuschlag ausgeschlossen seien, verstoße es nicht gegen Art. 6 GG; weil keine Schlechterbehandlung gegenüber Nicht-Angehörigen erfolge, verstoße es auch nicht gegen Art. 3 GG.
Im konkreten Fall habe es an einer entsprechenden Struktur der WG durch Beauftragung einer Präsenzkraft gemangelt; das bloße Verbleiben in der bisherigen Wohnsituation könne nicht zu einem WG-Zuschlag führen.
b) Verhinderungspflege auch im Ausland
Ist eine Pflegeperson wegen Erholungsurlaubs, Krankheit oder aus anderen Gründen an der Pflege gehindert, übernimmt die Pflegekasse gem. § 39 SGB XI die nachgewiesenen Kosten einer notwendigen Ersatzpflege für längstens sechs Wochen und begrenzt auf höchstens 1.612 EUR pro Kalenderjahr, wenn eine mindestens sechsmonatige Pflege in der häuslichen Umgebung vorausgegangen ist. Ab dem 1.1.2017 gilt dies erst ab einer Pflegebedürftigkeit im (neuen) Pflegegrad 2. Für die Ersatzpflege durch Angehörige sieht § 39 Abs. 3 SGB XI eine weitere betragsmäßige Beschränkung der Verhinderungspflegeleistungen auf das Pflegegeld für sechs Wochen vor; daneben können "bei Bezug der Leistungen in Höhe des Pflegegeldes" bis zum Betrag von 1.612 EUR notwendige Aufwendungen auf Nachweis übernommen werden. Da die Pflegekassen diese Kosten regelmäßig übernehmen, sieht das BSG hier eine Ermessensreduzierung auf Null (BSG, v. 20.4.2016 – B 3 P 4/14 R).
Im entschiedenen Fall beanspruchte der 14-jährige pflegebedürftige Kläger Erstattung von Fahrt- und Unterkunftskosten seines Großvaters zum Familienurlaub in die Schweiz. In dieser Zeit übernahm der Großvater stundenweise die Pflege, damit die sonst pflegende Mutter Skifahren konnte. Das BSG bejahte den Anspruch (BSG, v. 20.4.2016 – B 3 P 4/14 R).
Nach der BSG-Rechtsprechung setzt der Anspruch auf Verhinderungspflege keine Mindest-Verhinderungszeit voraus: Auch eine stundenweise Verhinderung löst den Anspruch aus (BSG, v. 17.5.2000 – B 3 P 8/99 R). Zudem sind die notwendigen Kosten für die Ersatzpflege im Rahmen des Höchstbetrags nicht auf die Verrichtungen des § 14 SGB XI beschränkt, vielmehr sind auch Aufwendungen zur Beaufsichtigung oder Betreuung (BSG, v. 17.5.2000 – B 3 P 8/99 R) erfasst. Das gilt auch – wie jetzt entschieden – für Fahrt- und Unterkunftskosten der Verhinderungspflegeperson (BSG, v. 20.4.2016 – B 3 P 4/14 R), die als notwendige Aufwendungen der angehörigen Verhinderungspflegeperson auch dann zu übernehmen sind, wenn die Verhinderungspflegeperson keine Aufwendungen für die Pflege in Höhe des Pflegegeldes geltend macht. Eine bloße Urlaubsteilnahme des Großvaters sei zwar nicht nach § 39 SGB XI zu finanzieren, hier lägen aber keine Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Gestaltung vor.
Grundsätzlich ruht der Anspruch auf Pflegeversicherungsleistungen gem. § 34 Abs. 1...