Neben dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch Unterhaltsberechtigter gegenüber ihren Unterhaltspflichtigen aus § 1605 BGB, der gem. § 33 Abs. 1 S. 4 SGB II (und § 94 Abs. 1 S. 1 SGB XII) kraft Gesetzes auf das Jobcenter übergeht und im Streitfall vor dem FamG geltend zu machen ist, sieht § 60 Abs. 2 SGB II einen eigenständigen ö-r Auskunftsanspruch des Jobcenters gegen Dritte vor, u.a. Unterhaltspflichtige, den das Jobcenter durch Verwaltungsakt geltend machen kann. In seinem Urteil vom 23.6.2016 (B 14 AS 4/15 R) beschränkte das BSG nun den Anwendungsbereich dieses ö-r Auskunftsanspruchs.

Geklagt hatte der unbestritten unterhaltspflichtige Vater eines Kindes, das mit der nicht mit dem Vater verheirateten Kindesmutter in einer Bedarfsgemeinschaft lebte. Das beklagte Jobcenter gewährte dem Kind wegen Anrechnung des vom Vater gezahlten Unterhalts und eines Teils des Kindergeldes keinerlei Leistungen; die Kindesmutter erhielt unter Anrechnung des übrigen Kindergeldes (sog. Kindergeldüberhang) Arbeitslosengeld II. Danach machte das Jobcenter den Auskunftsanspruch nach § 60 Abs. 2 SGB II gegen den Vater geltend.

Zunächst entschied das BSG, dass die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs nach § 60 Abs. 2 SGB II im Ermessen des Jobcenters stehe, deshalb sei für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei der reinen Anfechtungsklage auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen. Materiell-rechtlich bestehe ein Auskunftsanspruch nach § 60 Abs. 2 S. 1 SGB II jedoch nur von der Antragstellung bis zur Ablehnung oder Rücknahme des Leistungsantrags; bei Leistungsbewilligung hingegen bis zum Ende des Leistungsbezugs (so schon BSG, v. 4.6.2014 – B 14 A 38/13 R).

Zudem unterscheide sich die Reichweite des ö-r Auskunftsanspruchs von § 33 Abs. 1 SGB II: Nach § 33 Abs. 1 S. 2 SGB II gehen auch diejenigen Unterhaltsansprüche über, die in der Haushaltsgemeinschaft insgesamt zu niedrigeren Leistungen führen würden. Wäre der Vater hier zu höheren Unterhaltszahlungen verpflichtet gewesen, wäre bei der Mutter wegen der dann weitergehenden Anrechnung des Kindergeldes bei ihr eine geringere Leistung zu zahlen gewesen. Diese weitergehenden Unterhaltsansprüche würden daher auch auf das Jobcenter übergehen. Gerade diesen Fall erfasse aber § 60 Abs. 2 SGB II nicht, der ausschließlich auf eine Leistungsverpflichtung gegenüber dem einzelnen Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft abstelle. Für eine analoge Anwendung sei kein Raum. Deshalb bestehe zwar ein familienrechtlicher Auskunftsanspruch, nicht aber ein ö-r Auskunftsanspruch, so dass der Kläger im Ergebnis obsiegte.

 

Praxishinweis:

Das Anfechtungsklageverfahren gegen einen solchen Auskunftsbescheid ist gerichtskostenpflichtig, weil die zur Auskunft herangezogenen Dritten nicht zum Personenkreis des § 183 SGG gehören (§ 197a SGG). Entsprechend fallen für die Anwaltstätigkeit auch keine Betragsrahmen- sondern Gegenstandswertgebühren an (§ 3 Abs. 1 S. 2 RVG). In Auskunftsverfahren dürfte regelmäßig – wie vom BSG auch geschehen – der Auffang-Gegenstandswert von 5.000 EUR festzusetzen sein.

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