Mit Urteil vom 8.3.2016 (B 1 KR 25/15 R) entschied das BSG erstmals zu der zum 26.2.2013 eingeführten Genehmigungsfiktion in § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V. Im Rahmen der Erstattung selbst beschaffter Leistungen stellt § 13 Abs. 3a SGB V Fristen auf, innerhalb derer die Krankenkasse (KK) über Anträge auf Leistungen entscheiden muss: Drei Wochen ohne MDK-Stellungnahme, fünf Wochen bei erforderlicher MDK-Stellungnahme, sechs Wochen bei Gutachterverfahren bei zahnärztlicher Behandlung. Die KK kann die genannten Fristen bei Vorliegen von Gründen auch verlängern, muss dies aber in jedem Fall schriftlich mitteilen (S. 5). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (S. 6); beschaffen sich Versicherte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Kostenerstattung verpflichtet (S. 7).
Das BSG stellt zunächst fest, dass die KK die Frist zwar mehrfach verlängern kann, sie muss aber eine taggenaue Prognose zur Entscheidung abgeben. Neben dem Fristablauf ist es für die Genehmigungsfiktion weiter erforderlich, dass ein Leistungsberechtigter (Versicherter) einen hinreichend bestimmten Antrag auf eine Leistung stellt, die er für erforderlich halten darf und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegt. Diese letztere Einschränkung folgert das BSG aus dem Begriff "erforderlich" in § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V: Die Vorschrift solle es dem Berechtigten erleichtern, sich die zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen, ihn aber andererseits nicht zu Rechtsmissbrauch einladen. Insbesondere bleibe es bei den Zuzahlungsregelungen. Damit erteilt das BSG der in der Rechtsprechung geäußerten weitergehenden Auffassung, wonach solche Genehmigungsfiktionen denkbar seien, da eine Aufhebung über § 45 SGB X möglich sei (LSG NW, Urt. v. 23.5.2014 – L 5 KR 222/14 B ER, Rn 10), eine Absage. Dennoch unterstreicht auch das BSG, dass eine Aufhebung der fiktiv erteilten Genehmigung nur nach allgemeinen Regeln, insbesondere den §§ 44 ff. SGB X möglich ist: Konkret war dem Kläger noch vor der Selbstbeschaffung ein ablehnender VA zugegangen. Weil diese Ablehnung die Genehmigung weder ausdrücklich noch sinngemäß aufhob, durchbrach sie die Bestandskraft der Genehmigung nicht.
Schließlich bestätigt das BSG obiter die LSG-Linie, dass die Genehmigungsfiktion nicht auf einen Kostenerstattungsanspruch beschränkt ist, sondern zunächst zu einem Sachleistungsanspruch führt (LSG NW, v. 23.5.2014 – L 5 KR 222/14 B ER m.w.N.).
Praxishinweise:
Die größten Schwierigkeiten bei einem Anspruch nach § 13 Abs. 3a SGB V bringt die hinreichende Bestimmtheit des Antrags mit sich. Bei der Formulierung des Antrags muss daher unbedingt darauf geachtet werden, eine in Umfang und Art der Behandlung hinreichend bestimmte Leistung zu beantragen. Unklarheiten bleiben trotz des BSG-Urteils noch, das psychotherapeutische Leistungen betraf. Das Gericht führt aus (Rn 26), die Genehmigungsfiktion beschränke sich auf "subjektiv für den Berechtigten erforderliche Leistungen, die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegen". Nach LSG BW (v. 20.10.2016 – 4 KR 320/16) greift die Genehmigungsfiktion nur, wenn sich der Antrag auf Leistungen bezieht, die grundsätzlich zum Leistungskatalog der GKV gehören. Dies wird von einem Teil der Rechtsprechung anders gesehen (s. hierzu m.w.N. Knispel jurisPR-SozR 22/2016 Anm. 1). Insofern steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus. Die Genehmigungsfiktion gilt nicht für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 13 Abs. 3a S. 9 SGB V).