Angesichts des digitalen Fortschritts in der Gesellschaft fordert der Deutsche Anwaltverein (DAV), den digitalen Zivilprozess voranzutreiben. Dazu gehörte technisch die flächendeckende Ausstattung der Gerichtssäle mit WLAN, Bildschirmen und Kameras etc., ggf. auch mit finanzieller Hilfe des Bundes. Rechtlich brauche die Anwaltschaft sichere Rahmenbedingungen, damit der Zivilprozess mit neuen Technologien sicher genutzt werden könne. Außerdem müsse die Anwaltschaft bei allen technischen und rechtlichen Fortentwicklungen des modernen Zivilprozesses von Anfang an einbezogen werden. Es gehe um viel: um den Zugang des Bürgers zum Recht und um den Justizstandort Deutschland nach dem Brexit, so der DAV.
„Es ist an der Zeit, den Zivilprozess in das digitale Zeitalter zu überführen und effizienter zu machen. Während andere Europäische Staaten wie Estland, Dänemark und auch Portugal bei diesem Thema voranschreiten, scheint der Föderalismus die Entwicklung in Deutschland zu hemmen“, kritisierte DAV-Hauptgeschäftsführer Dr. Cord Brügmann.
Die Zivilprozessordnung sehe zwar schon Möglichkeiten für den Einsatz neuer Technologien vor. So könnten schon jetzt mündliche Verhandlungen im Wege der Videokonferenz geführt oder Zeugen und Sachverständige per Video vernommen werden. Derartige Regelungen machten jedoch wenig Sinn, wenn es an einer flächendeckenden technischen Ausstattung der Gerichtssäle fehle, so Brügmann. Hier müsse der Bund die Länder auch finanziell erheblich unterstützen. Der Gesetzgeber müsse außerdem sicherstellen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen modernen Zivilprozess stimmen. Dies gelte etwa für die Datensicherheit auf den Justizservern. Hier bedürfe es z.B. auch klarer gesetzlicher Regelungen für die Gewährleistungspflicht.
Für wichtig hält es der DAV, dass bei allen Plänen und Umsetzungen, seien sie technischer oder gesetzgeberischer Art, der Sachverstand der Anwaltschaft eingeholt wird. Denn der Zivilprozess werde von den Prozessparteien beherrscht, die wiederum von Anwälten vertreten würden. Die Prozessbeteiligten, also auch und gerade die Anwaltschaft, müssten daher institutionell in den Reformprozess der Digitalisierung eingebunden werden.
Die Vorteile eines digitalen Zivilprozesses liegen nach Ansicht des DAV auf der Hand: Die Verfahren könnten schneller und kostengünstiger gestaltet werden. Das erleichtere den Bürgern den Zugang zum Recht. Außerdem solle Deutschland die historische Chance nutzen, nach dem Brexit zum weltweit attraktivsten Justizstandort zu werden.
[Quelle: DAV]