Gerade im Schadensersatzrecht kommt es nicht selten vor, dass Streitgenossen entweder gesamtschuldnerisch oder für einen gleichen oder unterschiedlichen Anteil der Klageforderung in Anspruch genommen werden. Endet dieser Rechtsstreit dann durch Vergleich, übernimmt nicht selten einer der Streitgenossen einen größeren Anteil der Hauptforderung, als es dem Innenverhältnis oder dem Klagebegehren entspricht. In einem solchen Fall kommt dann die Möglichkeit in Betracht, dass sich der andere oder die anderen Streitgenossen im Gegenzug hierzu zu einer anteiligen Kostenerstattung gegenüber dem ersten Streitgenossen verpflichten. Dies muss dann ausdrücklich in der Kostenregelung des zwischen den Parteien zu schließenden Vergleichs zum Ausdruck kommen. Der Fall des OLG Hamburg (RVGreport 2017, 267 [Hansens] = AGS 2017, 204) belegt, dass dies in der Praxis nicht immer hinreichend beachtet wird.
a) Fall des OLG Hamburg
Die Klägerin und die beiden Beklagten hatten ihren vor dem LG Hamburg geführten Rechtsstreit durch Prozessvergleich beendet. Dieser enthielt unter Ziff. 4 folgende Kostenregelung:
Zitat
4. |
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Bekl. zu 1) 79 % und die Bekl. zu 2) 4 % und die Klägerin die restlichen 17 %. |
Hieraufhin hat die Bekl. zu 2) die Festsetzung ihrer außergerichtlichen Kosten gegen den Bekl. zu 1) i.H.v. 2.283,07 EUR beantragt. Die Rechtspflegerin des LG hat die Festsetzung mit der Begründung abgelehnt, in dem Vergleich sei keine das Verhältnis der beiden Beklagten untereinander betreffende Kostenregelung enthalten. Gegen die Ablehnung der Festsetzung hat die Bekl. zu 2) sofortige Beschwerde mit der Begründung eingelegt, die Kostenregelung enthalte eine exakte quotale Beteiligung sämtlicher Parteien an den Kosten des Rechtsstreits. Zu diesen Kosten gehörten alle Gerichts- und alle Anwaltskosten sämtlicher Beteiligter. Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem OLG Hamburg zur Entscheidung vorgelegt. Das OLG hat die sofortige Beschwerde der Bekl. zu 2) zurückgewiesen.
Hinweis:
Die richtige Lösung dieses Falls fordert die Kenntnis der für die Kostenfestsetzung erforderlichen gesetzlichen Regelungen.
b) Voraussetzungen für die Kostenfestsetzung
Gemäß § 103 Abs. 1 ZPO kann der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten nur aufgrund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels geltend gemacht werden. Ein solcher Titel kann gem. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO unter den dort aufgeführten Voraussetzungen auch ein Vergleich sein. Ist die Kostenregelung in einem solchen Vergleich zweifelhaft, kann eine Auslegung der Regelung erforderlich sein. Eine solche Auslegung darf jedoch nicht zu einer verdeckten Korrektur der Kostengrundregelung führen. Deshalb ist eine Auslegung einer Kostengrundregelung nur dann möglich, solange der sachliche Titelinhalt nicht verändert wird.
aa) Grundsatz: Keine Kostenfestsetzung zwischen Streitgenossen
Es entspricht allgemeiner Auffassung in der Rechtsprechung, dass zwischen Streitgenossen grundsätzlich keine Kostenfestsetzung stattfindet (OLG Hamburg a.a.O.; OLG Bremen AGS 2003, 367; OLG Koblenz JurBüro 1990, 1468; OLG Köln FamRZ 1993, 724; LG Berlin JurBüro 1982, 1723 = Rpfleger 1982, 391). Aus der Kostenentscheidung bzw. aus der Kostenregelung in einem gerichtlichen Vergleich ergibt sich nämlich lediglich ein Maßstab für die Verteilung der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Parteien. In einem gerichtlichen Vergleich haben die Parteien die Kostentragungspflicht betreffend die gesamten Kosten des Rechtsstreits geregelt.
Nach der Vereinbarung in dem Fall des OLG Hamburg haben von den Kosten des Rechtsstreits, zu denen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten sämtlicher Parteien gehören, der Bekl. zu 1) 79 %, die Bekl. zu 2) 4 % und die Klägerin 17 % zu tragen. Dabei haben die Parteien in dem Vergleich ausdrücklich die „Kosten des Rechtsstreits“ und nicht die Kosten einzelner Parteien quotenmäßig verteilt. Hieraus ergibt sich kein für das Kostenfestsetzungsverfahren maßgeblicher Anhaltspunkt dafür, dass auch zwischen den Streitgenossen untereinander – im Fall des OLG Hamburg also zwischen dem Bekl. zu 1) einerseits und der Bekl. zu 2) andererseits – eine prozessuale Kostenerstattung stattfindet.
bb) Ausnahme: Ausdrückliche Regelung
Eine Kostenfestsetzung zwischen Streitgenossen kommt ausnahmsweise dann in Betracht, wenn deren Ausgleichsansprüche im Innenverhältnis in dem betreffenden Titel eindeutig geregelt worden sind (OLG Hamburg; OLG Bremen; OLG Köln, je a.a.O.).
Praxishinweis:
Die Prozessbevollmächtigten der beteiligten Streitgenossen sollten deshalb darauf achten, eindeutige Regelungen betreffend die Kostenerstattungsansprüche der Parteien in den Vergleich aufzunehmen. Dies erfordert, dass die Kostenregelung nicht – wie es regelmäßig üblicherweise formuliert wird – die Kosten des Rechtsstreits betrifft, sondern die Kosten der jeweiligen Parteien.
Im Fall des OLG Hamburg hätte etwa folgende Vereinbarung eine Kostenfestsetzung zwischen den beiden Beklagten ermöglicht:
Formulierungsbeispiel:
„Von den außergerichtlichen Kosten der Bekl. zu 2) übernehmen der Bekl. zu 1) 40 % und die Klägerin...