Das OLG Frankfurt (RVGreport 2017, 383 [Hansens]) hatte vor kurzem über zwei interessante Probleme zu entscheiden. Die Frage, ob eine Nachliquidation im Kostenfestsetzungsverfahren zulässig ist, hat das OLG dabei lediglich gestreift. Ausführlicher hat es sich mit dem vielfach in der Praxis vorkommenden Problem befasst, in welcher Höhe dem Prozessbevollmächtigten des Klägers die Terminsgebühr anfällt, wenn in dem Verhandlungstermin der Gegner säumig ist.
a) Fall des OLG Frankfurt
In dem von dem LG Frankfurt auf den 16.9.2015 anberaumten Verhandlungstermin war nur der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erschienen. Die Beklagten waren hingegen säumig. Aus der Sitzungsniederschrift des LG ergibt sich, dass der Rechtsanwalt die Klageanträge modifiziert hatte. Soweit dem mitgeteilten Sachverhalt zu entnehmen ist, hatte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in dem Verhandlungstermin vom 16.9.2015 einen Antrag auf Erlass des Versäumnisurteils i.H.v. 3 Mio. Euro gestellt. Hieraufhin erging gegen die Beklagten ein dem geänderten Klageantrag entsprechendes Versäumnisurteil. Gegen dieses Versäumnisurteil hatten die Beklagten wohl Teileinspruch wegen eines Betrags bis 650.000 EUR eingelegt. Den hieraufhin anberaumten Einspruchstermin hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ebenfalls wahrgenommen.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Klägerin zunächst eine 0,5 Terminsgebühr nach Nr. 3104, 3105 VV RVG geltend gemacht, die die Rechtspflegerin des LG durch Kostenfestsetzungsbeschluss (KFB) vom 13.11.2015 – neben weiteren Anwaltskosten – berücksichtigt hat. Mit Antrag vom 20.10.2016 hat die Klägerin nunmehr die Differenz zwischen einer 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG und der bereits festgesetzten 0,5 Terminsgebühr zur Festsetzung angemeldet. Diesen Antrag hat die Rechtspflegerin des LG Frankfurt durch Beschluss vom 16.2.2017 zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hatte überwiegend Erfolg.
b) Zulässigkeit der Nachfestsetzung
Das OLG Frankfurt hat mit wenigen Worten die Nachfestsetzung als zulässig angesehen. Bei vergessenen oder zu niedrig geltend gemachten Positionen sei nämlich die Nachliquidation ungeachtet der Rechtskraft des früheren KFB vom 13.11.2015 zulässig. Dies ist allerdings nicht ganz unproblematisch.
Die materielle Rechtskraft des KFB – hier des KFB der Rechtspflegerin des LG Frankfurt vom 13.11.2015 – steht nämlich einer erneuten Kostenfestsetzung dann entgegen, soweit derselbe Streitgegenstand betroffen ist (BGH RVGreport 2011, 309 [Hansens]; BGH BRAGOreport 2003, 57 [ders.] = JurBüro 2003, 260). Versehentlich in einem ersten Kostenfestsetzungsverfahren nicht geltend gemachte Posten sind demgegenüber der Nachliquidation zugänglich (BVerfG NJW 1995, 1886; BGH NJW 2009, 3104; FamRZ 2011, 1222; BGH RVGreport 2011, 28 [Hansens] = zfs 2011, 101 m. Anm. Hansens = AGS 2010, 580 mit zust. Anm. N. Schneider; OLG München MDR 2003, 55; OLG Düsseldorf AGS 2006, 201; OLG Stuttgart RVGreport 2009, 312 [Hansens]; OLG Celle AGS 2010, 582 mit zust. Anm. N. Schneider; LG Trier JurBüro 2012, 250; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 104 Rn 21 „Nachliquidation“ m.w.N.).
Hinweis:
Ob ein Fall der zulässigen Nachliquidation vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Hat der Erstattungsberechtigte in seinem ersten Kostenfestsetzungsantrag erkennbar seinen gesamten Erstattungsanspruch geltend gemacht, gibt er damit zu erkennen, dass er eben diesen ganzen Anspruch und nicht nur einen Teil davon festgesetzt haben will. In einem solchen Fall sollte kein Rest zurückgestellt werden, der einer Nachforderung und damit einer Nachfestsetzung zugänglich gewesen wäre. Über diesen Anspruch hat dann der Rechtspfleger rechtskräftig entschieden (BGH RVGreport 2011, 309 [Hansens]).
aa) Nachfestsetzung unzulässig
Damit ist eine Nachfestsetzung in folgenden Fällen unzulässig:
- Die erstattungsberechtigte Partei stellt nach gesetzlicher Änderung der Zinshöhe einen Antrag auf Ergänzung der Verzinsung des Erstattungsbetrags (BGH BRAGOreport 2003, 57 [Hansens] = NJW 2003, 1462 = JurBüro 2003, 260).
- Der Nachfestsetzungsantrag wird auf einen höheren Gegenstandswert gestützt als im ursprünglichen Kostenfestsetzungsantrag zugrunde gelegt. In dem vom BGH (RVGreport 2011, 309 [Hansens] = AGS 2011, 566 m. Anm. N. Schneider) entschiedenen Fall wurde unter Ansatz eines weit höheren Gegenstandswertes als in dem beschiedenen Kostenfestsetzungsantrag eine um rund 90.000 EUR höhere Verfahrensgebühr geltend gemacht. Wird versehentlich ein zu niedriger Gegenstandswert angesetzt, so kann dies nach Rechtskraft des KFB im Regelfall nicht durch einen Nachfestsetzungsantrag korrigiert werden.
- Eine Nachfestsetzung ist auch dann unzulässig, wenn die erstattungsberechtigte Partei in ihrem Kostenfestsetzungsantrag irrtümlich von der Geltung des alten Gebührenrechts ausgegangen ist (a.A. OLG Köln RVGreport 2016, 380 [Hansens] = zfs 2016, 588 m. Anm. Hansens = AGS 2016, 473). Mit einem Nachfestsetzungsantrag kann dann nicht mehr die sich aus dem neuen Gebührenrecht ergebende Gebührendifferenz geltend gemacht werden. Auch hier steht d...