Der Entscheidung des LSG Schleswig-Holstein ist im Grundsatz zuzustimmen. Allerdings ist das LSG bei der Bemessung der Terminsgebühr „auf halbem Wege“ stehengeblieben.
aa) Abgeltungsbereich der Terminsgebühr
In der sozialgerichtlichen Rechtsprechung ist es wohl allgemein anerkannt, dass der Aufwand für die Vorbereitung eines Termins nicht für die Bemessung der Terminsgebühr berücksichtigt werden kann, sondern bei der Bemessung der Verfahrensgebühr (Thür. LSG RVGreport 2014, 70 [Hansens]; Sächs. LSG RVGreport 2013, 352 [ders.]).
Die Auffassung in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung, dass bei der Bemessung der Terminsgebühr auch Wartezeiten zu berücksichtigen sind, setzt sich in den letzten Jahren langsam durch. Sie ist auch gerechtfertigt, weil der Rechtsanwalt durch Umstände, die er nicht zu vertreten hat, seine Arbeitskraft in der Sache, zu der er geladen und (rechtzeitig) erschienen ist, zur Verfügung stellt. Dies muss bei der Gebührenhöhe berücksichtigt werden.
Hinweis:
Die Berücksichtigung von Wartezeiten bei der Bemessung der Terminsgebühr beschränkt sich aber nicht nur auf die Wartezeiten des Rechtsanwalts vor Terminsbeginn. Sie umfasst auch Zeiten, in denen der Anwalt bei Unterbrechung der Verhandlung ebenfalls warten muss. Dies gilt etwa dann, wenn die mündliche Verhandlung – aus welchen Gründen auch immer – unterbrochen und nach der Unterbrechung wieder fortgeführt wird.
bb) Abgeltungsbereich des Tage- und Abwesenheitsgeldes
Soweit dagegen gelegentlich eingewandt wird, die Wartezeit des Rechtsanwalts werde über das Tage- und Abwesenheitsgeld abgegolten, ist dies unzutreffend. Zum einen stellt das Tage- und Abwesenheitsgeld lediglich eine pauschale Entschädigung für die Abwesenheit des Rechtsanwalts von seinem Büro dar, zum anderen entsteht das Tage- und Abwesenheitsgeld ausweislich der Regelung in Nr. 7005 VV RVG nur bei einer Geschäftsreise. Eine solche Geschäftsreise liegt nach Vorbem. 7 Abs. 2 VV RVG nur vor, wenn das Reiseziel außerhalb der Gemeinde liegt, in der sich die Kanzlei oder die Wohnung des Rechtsanwalts befinden. Der am Gerichtsort kanzleiansässige oder wohnhafte Rechtsanwalt unternimmt anlässlich der Terminswahrnehmung somit keine Geschäftsreise, so dass er auch kein Tage- und Abwesenheitsgeld abrechnen kann. Seine Wartezeiten können also bereits von Gesetzes wegen nicht durch das Tage- und Abwesenheitsgeld abgegolten werden.
cc) Rechtslage ab dem 1.8.2013
Das vom SG Kiel herangezogene Argument, die Terminsgebühr entstehe nur für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin, ist der Gegenmeinung mit dem Inkrafttreten des 2. KostRMoG aus der Hand geschlagen worden. Nach der ab 1.8.2013 geltenden Neufassung entsteht die Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV RVG – soweit hier von Interesse – für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen. Diese weitergehende Formulierung erfasst m.E. auch bereits von ihrem Gesetzesinhalt Wartezeiten vor dem Verhandlungstermin.
dd) Wartezeiten bis 15 Minuten sind zu berücksichtigen
Warum das LSG Schleswig-Holstein eine Wartezeit bis 15 Minuten unberücksichtigt lassen will, ist m.E. nicht verständlich. Denn auch bei solchen, von dem Rechtsanwalt nicht zu vertretenden Verzögerungen des Verhandlungsbeginns, kann der Anwalt nicht anderweitig berufsmäßig tätig werden. Geht man mit dem Hess. LSG (JurBüro 2014, 412) davon aus, eine Verhandlungsdauer vor dem SG von 30 Minuten als durchschnittlich anzusehen, führt die Mitberücksichtigung einer Wartezeit von 15 Minuten bereits zu einer Überschreitung der durchschnittlichen Verhandlungsdauer um 50 %. Dies muss sich insbesondere dann, wenn man für den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit wesentlich auf die Dauer des Termins abstellt, auch bei der Bemessung der Terminsgebühr erhöhend auswirken. Im Übrigen ist nicht einzusehen, warum ein Rechtsanwalt, der auf den Beginn von sechs Verfahren vor dem SG jeweils 15 Minuten wartet, die Wartezeit nicht vergütet erhält, während einem Rechtsanwalt, der in einem einzigen Verfahren 90 Minuten warten muss, eine Erhöhung der Terminsgebühr zugesprochen bekommt, wovon das LSG Schleswig-Holstein hier dem Grunde nach zutreffend ausgeht.
ee) Auf Protokollierung der Zeiten achten
Wie eingangs erörtert, kommt es für die Bemessung der Terminsgebühr in Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren anfallen, maßgeblich auf die Terminsdauer an. Zusätzlich sind jedoch auch nach der im Grundsatz zutreffenden Entscheidung des LSG Schleswig-Holstein Wartezeiten zu berücksichtigen.
Praxishinweis:
Der Prozessbevollmächtigte sollte deshalb im eigenen Interesse darauf achten, dass das SG in seiner Sitzungsniederschrift den Zeitpunkt des Aufrufs der Sache und des Schlusses der mündlichen Verhandlung vermerkt.
Damit lässt sich die Dauer des Verhandlungstermins ermitteln. Die Wartezeiten vor Beginn des Termins lassen sich aus der Terminsladung entnehmen, in der ja die vorgesehene Terminsstunde aufgeführt ist. Sollten Wartezeiten bei einer Unterbrechung des Verhandlungstermins anfallen, so sollte der Prozessbevollmächtigte darauf achten, dass das Gericht auch die hierfür maßgeblichen Zeitpunkte in der Sitzungsniederschrift protokolliert. Vorsorglich sollte der Rechtsanwalt die entsprechenden Zei...