Hinweis:

Kein Schadensersatzanspruch, teilweise Rechtsprechungsänderung.

Die Klägerin war bei der Beklagten, einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, als Redakteurin beschäftigt. Für den Zeitraum vom 1.4.2012 bis 31.3.2018 begründeten die Parteien ein Altersteilzeitverhältnis im Blockmodell mit einer Arbeitsphase bis zum 31.3.2015. Die Klägerin beantragte im Dezember 2014 31 Urlaubstage für das Kalenderjahr 2015. Die Beklagte gewährte 8 Urlaubstage (für die Zeit bis zum 31.3.2015), für die restlichen 23 Urlaubstage verlangte die Klägerin Ersatz in Geld nach § 251 Abs. 1 BGB. Sie war der Auffassung, wegen der Unmöglichkeit der Urlaubsgewährung in der Freistellungsphase könne sie Schadensersatz in Geld bereits vor der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangen.

Ihre Revision gegen das die Klage abweisende Berufungsurteil war erfolglos (BAG v. 16.5.2017, NZA 2017, 1056). In Abweichung von seiner früheren Rechtsprechung (BAG NZA 2014, 545) entschied das BAG, dass sich der Anspruch auf Abgeltung des sog. Ersatzurlaubs nicht nach § 251 Abs. 1 BGB, sondern (nur) nach den Vorgaben des § 7 Abs. 4 BUrlG richtet.

Haben Arbeitgeber den von Arbeitnehmern rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt, wandele sich der im Vollzugszeitraum verfallene Urlaubsanspruch gem. §§ 275 Abs. 1 u. 4, 280 Abs. 1 u. 3, 283 S. 1, 286 Abs. 1 S. 1, 287 S. 2 und 249 Abs. 1 BGB in einen Schadensersatzanspruch um, der die Gewährung von Ersatzurlaub zum Inhalt hat. Ein Schadensersatz in Geld (§ 251 Abs. 1 BGB) wegen des verfallenen Urlaubs vor der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses erweise sich faktisch als eine nicht zulässige Abgeltung von Urlaub während des bestehenden Arbeitsverhältnisses. Der Ersatzurlaubsanspruch tritt als Schadensersatzanspruch an die Stelle des ursprünglichen Urlaubsanspruchs und bewirkt, dass dieser trotz seines Erlöschens am Ende des Urlaubsjahres bzw. des Übertragungszeitraums bei rechtzeitigem Verlangen des Arbeitnehmers nicht ohne Kompensation untergeht, und dient somit der Sicherstellung des auf bezahlte Freistellung gerichteten Urlaubsanspruchs. Der Ersatzurlaubsanspruch ist auf den Fortbestand des Anspruchs auf bezahlte Freistellung unter den Bedingungen des BUrlG gerichtet. Dies hat zur Folge, dass dieser Ersatzurlaubsanspruch – mit Ausnahme des Fristenregimes – den Modalitäten des verfallenen Urlaubsanspruchs unterliegt. Dies gilt sowohl für die Inanspruchnahme als auch für die Abgeltung des Ersatzanspruchs. Für letztere gilt § 7 Abs. 4 BUrlG. Nach dieser Vorschrift ist (Ersatz-)Urlaub (erst) abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Diese Vorschrift erlaubt eine Abgeltung nicht gewährten (Ersatz-)Urlaubs nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, worunter dessen rechtliche Beendigung zu verstehen ist. Ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis endet i.S.v. § 7 Abs. 4 BUlrG zum vereinbarten Endtermin und nicht bereits mit dem Übergang von der Arbeits- in die Freistellungsphase. Da demnach kein Anspruch der Klägerin auf Urlaubsabgeltung bestand, brauchte das BAG nicht darüber zu entscheiden, ob der Klägerin tatsächlich im Kalenderjahr 2015 ein Urlaubsanspruch von insgesamt 31 Tagen, wie geltend gemacht, zustand.

 

Hinweise:

1. Die Vereinbarung von Altersteilzeit wird von der Rechtsprechung als wichtiger Grund i.S.v. § 159 Abs. 1 S. 1 SGB III – der einen Sperrzeiteintritt ausschließt – akzeptiert, wenn Arbeitnehmer vorsehen, nach Beendigung der Altersteilzeit nahtlos aus dem Arbeitsleben auszuscheiden, und dies auch objektiv möglich war (BSG Urt. v. 21.7.2009 – B 7 AL 6/08 R; LSG BW, Urt. v. 25.2.2014 – L 13 AL 283712).
2. Ob dies auch dann gilt, wenn ein Ausscheiden später herausgeschoben – und nach Ablauf der Freistellungsphase Arbeitslosengeld beantragt wird –, um statt einer Rente mit Abschlägen die zum 1.7.2014 neu eingeführte abschlagsfreie Rente mit 63 (§ 236b SGB VI) zu beanspruchen, wurde in der Instanzrechtsprechung bisher unterschiedlich beurteilt (s. Bienert info also 2015, 205). Ganz aktuell hat das BSG mit Urteil vom 12.9.2017 (B 11 AL 25/16 R) nunmehr entschieden (s. Pressemitteilung): Für die Beurteilung des wichtigen Grundes ist die nach Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung aufgrund der Gesetzesänderung getroffene Entscheidung, die Altersrente erst nach dem zunächst geplanten Rentenbeginn einige Zeit später ohne Abschlag zu beziehen, unerheblich, da es bezüglich des wichtigen Grundes keiner retrospektiven Prüfung, sondern einer in die Zukunft gerichteten Prognose und damit einer ex-ante-Betrachtung im Zeitpunkt des Lösungstatbestands (Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung) bedarf.

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