Das BAG hatte im Berichtszeitraum zwei Änderungskündigungen zu entscheiden. Im Urteil vom 2.3.2017 (2 AZR 546/16, NZA 2017, 905) stellte sich die Frage der Änderung des Anforderungsprofils bei ordentlicher betriebsbedingter Änderungskündigung. Im Urteil vom 26.1.2017 (2 AZR 68/16, EzA-SD 2017, Nr. 7, 3) hatte der Senat die Bestimmtheit des Änderungsangebots zu beurteilen.
a) Änderung des Anforderungsprofils
Dem Zweiten Senat lag folgender Sachverhalt vor: Die Parteien streiten über eine Änderungskündigung. Der Chefarzt und Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, Zusatzqualifikation "Diabetologe DDG" soll danach künftig als Assistenzarzt weiterbeschäftigt werden. Die Änderungskündigung hat folgende Begründung: Aus der bisher vom Kläger geleiteten internistischen Abteilung wurde eine gastroenterologische Abteilung. Diese muss nach Ansicht des beklagten Krankenhauses durch einen Chefarzt mit der Facharztbezeichnung "Gastroenterologe" geleitet werden, um die Anforderungen externer Kostenträger für eine kontinuierliche Patientenzuweisung zu erfüllen. Der Kläger bestreitet diese Notwendigkeit und begehrt die Feststellung, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist.
Während das ArbG und das LAG die Klage abwiesen, gab der Zweite Senat des BAG der Klage im Sinne der Zurückverweisung statt. Die Gestaltung des Anforderungsprofils für einen Arbeitsplatz unterliegt zwar grundsätzlich der freien "unternehmerischen" Disposition. Die Entscheidung des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten von Arbeitnehmern mit einer bestimmten Qualifikation ausführen zu lassen, ist grundsätzlich zu akzeptieren. Die Vorgabe kann von den ArbG nur auf Willkür und offenbare Unrichtigkeit gerichtlich überprüft werden.
Sind allerdings die betreffende Organisationsentscheidung und der Kündigungsentschluss des Arbeitgebers praktisch deckungsgleich, weil der Arbeitnehmer dem neuen Anforderungsprofil nicht genügt, kann die generelle Vermutung, dass eine unternehmerische Entscheidung auf sachlichen Gründen beruht, nicht ohne Weiteres greifen. Dann muss der Arbeitgeber vielmehr darlegen, in welchem Umfang im Zusammenhang mit der organisatorischen Maßnahme aus betrieblichem Anlass ein konkreter Änderungsbedarf entstanden ist.
Bei den geänderten Anforderungen an die Qualifikation des Stelleninhabers darf es sich nicht nur um eine "wünschenswerte Voraussetzung" für die Ausführung der Tätigkeit handeln. Vielmehr muss ein nachvollziehbares, arbeitsplatzbezogenes Kriterium für die Stellenprofilierung vorliegen. Das kann sich z.B. aus den Strukturanforderungen externer Kostenträger für eine gastroenterologische Abteilung ergeben.
Da das LAG diese Anforderungen und die soziale Rechtfertigung der übrigen Ausgestaltung des Änderungsangebots nicht abschließend aufgeklärt hat, verweist das BAG den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung dorthin zurück.
Hinweise:
1. |
Zunächst klärt der Senat eine prozessuale Frage von hoher Bedeutung. Der vom Gericht im Tatbestand festgestellte Sachverhalt ist grundsätzlich bindend. Ausnahmsweise entfällt die Bindungswirkung nach § 559 Abs. 2 ZPO, wenn die Feststellungen des LAG unklar, lückenhaft oder widersprüchlich sind. Solche Mängel sind auch ohne Verfahrensrüge i.S.v. §§ 551 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 Buchst. b, 559 Abs. 1 S. 2 ZPO von Amts wegen zu berücksichtigen. |
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Der Zweite Senat bestätigt die bisherigen Grundsätze. Aus der grundsätzlichen Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers hinsichtlich der Änderung des Anforderungsprofils für einen Arbeitsplatz folgen kündigungsrechtliche Konsequenzen. |
3. |
Beinhaltet die Entscheidung zugleich den Kündigungsentschluss, korrespondiert die Anerkennung der Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers mit seiner Verpflichtung, ein nachvollziehbares Konzept darzulegen, das die Notwendigkeit seiner Entscheidung belegt. Die erhöhte Darlegungslast des Arbeitgebers soll einen Ausgleich zwischen dessen Unternehmerfreiheit und dem Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers schaffen. |
4. |
Auch die übrige Ausgestaltung des Änderungsangebots unterliegt der gerichtlichen Überprüfung: (1) Entspricht die angebotene Vergütung dem innerbetrieblichen Vergütungssystem? (2) Ist die Vergütung für die angebotene Tätigkeit als Assistenzarzt angemessen? (3) Genügt das unterbreitete Änderungsangebot dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, indem es sich nicht weiter als erforderlich vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernt? (4) Kam eine andere Beschäftigungsmöglichkeit mit weniger einschneidenden Änderungen in Betracht? |
b) Fehlende Bestimmtheit
Der Kläger war als Elektrotechniker mit Programmiertätigkeiten bei der Beklagten tätig. Nach einem Unfall, bei dem der Kläger Kopfverletzungen erlitten hatte, war die Beklagte der Auffassung, der Kläger könne die komplexen Programmiertätigkeiten nicht mehr ausüben. Sie bot ihm deshalb im Rahmen einer Änderungskündigung an, zukünftig als Fahrer für Kuriertätigkeiten sowie auf Baustellen eingesetzt zu werden. Ferner wurde sein Monatsgehalt von 2.709 EUR auf einen Stundenlohn von 8,50 EUR abgesenkt.
ArbG ...