Mitte November fand in Berlin die diesjährige Herbstkonferenz der Justizminister des Bundes und der Länder statt. Schwerpunkte der Tagung waren diesmal der Reformbedarf im Zivil-, im Verwaltungs- und im Strafprozessrecht. Daneben war auch der von der Bundesregierung angestrebte "Pakt für den Rechtsstaat" (s. dazu die vorstehende Meldung) ein Thema in Berlin. Die wichtigsten Beschlüsse der Justizministerkonferenz sind nachstehend zusammengefasst.
Lastenverteilung beim "Pakt für den Rechtsstaat"
Die Länderminister begrüßten die Absicht der Bundesregierung, einen Pakt für den Rechtsstaat zu schließen, zu dessen Bestandteilen auch zahlreiche neue Richterstellen in den Ländern mit entsprechendem "Folgepersonal" sowie die konsequente und einheitliche Digitalisierung der Justiz in allen Bereichen zählen. Sie stellten aber auch klar, dass der Pakt nur gelingen kann, wenn der Bund den wesentlichen Teil der Finanzierung übernimmt. Aus diesem Grund wird die Bundesregierung gebeten, hier die notwendigen Maßnahmen in die Wege zu leiten.
Reformbedarf im Zivilprozessrecht
Die Ressortchefs halten es für wichtig, dass die in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Zivilprozessualer Reformbedarf" und weiteren Länderarbeitsgruppen begonnene Prüfung und Erarbeitung von Reformvorschlägen fortgeführt und hierbei insbesondere in den Blick genommen werden sollte, ob der individuelle Rechtsschutz des Bürgers und das Verfahren bei wirtschaftsrechtlichen Streitigkeiten unter effektivem Einsatz der Ressourcen noch weiter verbessert werden können. Mit Blick auf die durch die große ZPO-Reform von 2001 bereits erreichten Verfahrensbeschleunigungen wiesen die Minister darauf hin, dass dort die Aufgaben der einzelnen Instanzen durch ein Bündel von aufeinander abgestimmten Maßnahmen neu austariert worden sind. Aus diesem Grund dürften nun einzelne Elemente dieser Reform, wie etwa die Möglichkeit, offensichtlich aussichtslose Berufungen nach Maßgabe des § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, nicht wieder herausgelöst werden. Ansonsten, so die Minister weiter, würde das Gesamtsystem auf den Prüfstand gestellt, zumal die Abschaffung dieser Möglichkeit ein gut funktionierendes System effektiver Verfahrensführung ohne Not beseitigen würde. Die Minister sprachen sich auch dafür aus, die streitwertmäßige Beschränkung der Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH (vgl. dazu zuletzt ZAP Anwaltsmagazin 11/2018, S. 531) zu entfristen, um eine effiziente Erfüllung der Aufgaben des Gerichts als Revisionsinstanz dauerhaft sicherzustellen.
Reformen im Verwaltungsprozessrecht
Unter Bezugnahme auf den Bericht der Arbeitsgruppe Verwaltungsprozessrecht und den inzwischen vorliegenden Gesetzentwurf sprachen sich die Justizminister für folgende Änderungen der VwGO aus:
- Ergänzungen der Regelungen für ehrenamtliche Richter (Ergänzungswahl von ehrenamtlichen Richtern; Neufassung des Hinderungsgrunds für Angehörige des öffentlichen Dienstes),
- Einführung eines optionalen Adhäsionsverfahrens für öffentlich-rechtliche Ersatzansprüche,
- Erweiterung der erstinstanzlichen Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte um Streitigkeiten über Planfeststellungsverfahren für Landesstraßen, Häfen, Wasserkraftwerke und bergrechtliche Planfeststellungsverfahren,
- Einführung eines konzentrierten Verfahrens, das die Möglichkeit präkludierender Fristen einschließt,
- befristete Sonderregelung für eine von § 29 S. 1 DRiG abweichende Besetzung der Kammern bei den Verwaltungsgerichten,
- Einführung von speziellen Wirtschaftsspruchkörpern und
- Einführung von speziellen Planungsspruchkörpern.
Die Konferenz ging an dieser Stelle auch auf die derzeitige Diskussion um eine Reform im Rechtsmittelrecht ein, insbesondere beim Berufungszulassungsverfahren. Die Justizminister sind der Ansicht, dass sich das Berufungszulassungsverfahren bewährt hat und beibehalten werden sollte. Sie sprachen sich dafür aus, die Diskussion über eventuelle punktuelle Änderungen für die Zeit nach der Bewältigung der derzeitigen besonderen Belastungssituation der Verwaltungsgerichtsbarkeit fortzuführen.
Ebenfalls erörtert wurde die Entwicklung der umweltrechtlichen Verbandsklage vor dem Hintergrund der Notwendigkeit sowohl einer effektiven Durchsetzung des Umweltrechts als auch der zeitgerechten Herstellung einer zukunftsfähigen Infrastruktur. Hier sprachen sich die Minister dafür aus, die Aarhus-Konvention und das einschlägige Unionsrecht dergestalt anzupassen, dass die materielle Präklusion und die Beschränkung des gerichtlichen Prüfungsumfangs auf umweltbezogene Rechtsvorschriften wieder umfassend in das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz aufgenommen werden können.
Änderungen im Straf- und Strafprozessrecht
Den breitesten Umfang auf der Tagung nahmen die vorgeschlagenen oder bereits in Vorbereitung befindlichen Änderungen im Strafrecht und im Strafprozessrecht ein. Hier ging es insbesondere um folgende Punkte:
Opferschutz in Gewaltschutzverfahren
Die Opfer in Gewaltschutzverfahren sollen besser geschützt werden. Die Minister fordern daher gesetzlich...