Darf der "Palandt" künftig nicht mehr seinen angestammten Namen tragen? Wenn es nach einer Reihe von Politikern in Bund und Ländern geht, soll die weit verbreitete Kurzbezeichnung des bekannten BGB-Kommentars bald der Vergangenheit angehören.
Der Grund dafür ist die NS-Vergangenheit des Namensgebers Otto Palandt. Dieser wurde 1933 NSDAP-Mitglied und machte ab diesem Zeitpunkt schnell Karriere. So wurde er noch im selben Jahr Vizepräsident und nach kurzer Zeit Präsident des Preußischen Landesprüfungsamts. Roland Freisler, der nachmalige Präsident des Volksgerichtshofs, ernannte Palandt etwas später zum Präsidenten des Reichsjustizprüfungsamts und zum Abteilungsleiter im Reichsjustizministerium. Ab 1938 fungierte Palandt dann auch als Herausgeber des BGB-Kommentars, obwohl er tatsächlich nur das Vorwort schrieb. Bis heute blieb der Jurist aber Namensgeber des Werks.
Wie mit dem nationalsozialistischen Erbe des bekannten Zivilrechtskommentars umzugehen ist, wird bereits seit einiger Zeit diskutiert. Eine im vergangenen Jahr gegründete Initiative mit dem Namen "Palandt umbenennen" ist der Auffassung, dass der Name des NS-Juristen aus deutschen Amts- und Gerichtssälen verschwinden sollte. Seiner "grotesken Ehrerweisung" müsse endlich ein Ende gesetzt werden. Im Oktober schloss sich die SPD-Fraktion im Bundestag dieser Auffassung an und will die Namensfrage zu einer Angelegenheit im Rechtsausschuss machen. Wie der rechtspolitische Sprecher der Fraktion Johannes Fechner sagte, soll dort ein Beschluss gefasst werden, in dem der den Kommentar herausgebende Beck Verlag zur Umbenennung aufgefordert wird. Kürzlich haben sich auch die Justizminister der Länder Hamburg, Berlin und Thüringen in einer gemeinsamen Erklärung diesem Vorhaben angeschlossen. In einem offenen Brief forderten sie den Verlag dazu auf, dem Standardkommentar zum BGB einen anderen Namen zu geben.
Der angesprochene Verlag C.H. Beck hatte sich im vergangenen Jahr noch dazu entschlossen, den Titel vorerst beizubehalten, jedoch in die 77. Auflage einen Hinweis auf die NS-Verstrickung Otto Palandts aufzunehmen. Ob der Verlag für die nachfolgenden Auflagen der Aufforderung zur Umbenennung folgen wird, ist zumindest offen. In der Diskussion darüber wird zum Teil auch vertreten, dass eine Umbenennung unnötig sei, wenn man den Namen künftig als „Stolperstein der jüngeren Rechtsgeschichte“ betrachte. Auch wird ein Mitglied der Verlagsgeschäftsführung mit den Worten zitiert, dass eine Änderung der Werksbezeichnung mit Blick auf die "wohl höchste Zitatdichte eines juristischen Werkes in Rechtsprechung und Literatur" für die künftigen Benutzer des Kommentars mehr als verwirrend wäre. Zudem sei der Palandt inzwischen eine etablierte Marke.
Was auch immer die Politiker in Bund und Ländern letztlich beschließen – in einem sind sich alle einig: Die Entscheidung über eine Beibehaltung des Namens oder eine Umbenennung liegt am Ende allein beim Verlag.
[Red.]