a) Überblick

Ist der Kostenerstattungsanspruch des Gegners höher als der eigene Kostenerstattungsanspruch, ist die Sache schwieriger, weil dann beim Mandanten nach Kostenausgleichung (§ 106 ZPO) kein Kostenerstattungsanspruch zu seinen Gunsten mehr verbleiben wird. Ungeachtet dessen gelten auch hier die gleichen Erwägungen wie in der vorangegangenen Fallgruppe, da auch dann dem Versicherungsnehmer ein Kostenerstattungsanspruch zusteht, der quotenbevorrechtigt ist.

b) Getrennte Kostenfestsetzung

Deutlich wird das Quotenvorrecht, wenn die Kosten getrennt festgesetzt werden.

 

Beispiel 3:

Wie Beispiel 1; jedoch hat der Mandant nur zu 30 % gewonnen und zu 70 % verloren. Das Gericht entscheidet mit entsprechender Kostenquote.

Der einfachere Weg, das Quotenvorrecht durchzusetzen, besteht darin, nicht die Kostenausgleichung nach § 106 ZPO zu betreiben, sondern jeweils einseitig festsetzen zu lassen. Eine Verpflichtung, auf den Kostenfestsetzungsantrag des Gegners zu reagieren und der Aufforderung des Gerichts, gem. § 106 Abs. 1 S. 1 ZPO die eigenen Kosten anzumelden, nachzukommen, also sich an der Kostenausgleichung zu beteiligten, besteht nicht (LG Frankfurt AGS 2011, 515 = NJW-Spezial 2011, 604 = RVGreport 2011, 391; LG Frankenthal NJW-Spezial 2013, 220). Der Mandant kann also abwarten, bis der Gegner seine Kosten zur Festsetzung anmeldet. Der Rechtspfleger setzt dann eine Frist zur Anmeldung der eigenen Kosten von einer Woche (§ 106 Abs. 1 S. 1 ZPO). Diese Wochenfrist muss der Anwalt verstreichen lassen bzw. erklären, dass er an der Kostenausgleichung nicht teilnimmt, sondern eine getrennte Festsetzung wünscht. Dann muss der Rechtspfleger einseitig festsetzen. Es würden dann also im Beispiel zugunsten des Gegners festgesetzt:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG   964,60 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG   890,40 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.875,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG   356,25 EUR
  Gesamt   2.231,25 EUR
  hiervon 70 %   1.561,88 EUR

Diesen Betrag muss der Rechtsschutzversicherer dem Gegner erstatten.

Hiernach beantragt dann der Mandant die Festsetzung der eigenen Kosten. Er erhält jetzt einen Kostenfestsetzungsbeschluss über:

 
Anwaltskosten Mandant 2.315,69 EUR
Gerichtskosten, 3,0-Gebühr 1.035,00 EUR
Parteikosten 57,10 EUR
Zwischensumme 3.407,79 EUR
hiervon 30 % 1.022,34 EUR

Von dieser Kostenerstattung darf der Mandant dann jetzt seine nicht gedeckten Kosten entnehmen i.H.v.:

 
die nicht gedeckten Reisekosten des Anwalts inkl. Umsatzsteuer 84,44 EUR
die Selbstbeteiligung 200,00 EUR
die eigenen Parteikosten 57,10 EUR
Gesamt 341,54 EUR

Lediglich der Restbetrag i.H.v. 680,80 EUR geht auf den Rechtsschutzversicherer über.

Nicht selten wenden Rechtspfleger bei Eingang des zweiten Kostenfestsetzungsantrags ein, dies sei rechtsmissbräuchlich. Die Kosten hätten rechtzeitig zur Ausgleichung angemeldet werden müssen. Eine nachträgliche einseitige Festsetzung sei jetzt nicht mehr möglich. Dies ist jedoch unzutreffend. Es besteht für eine Partei keine Pflicht, an einer Kostenausgleichung teilzunehmen. Es besteht lediglich für den Rechtspfleger eine Pflicht zur Kostenausgleichung, wenn beide Parteien ihre Kosten gleichzeitig anmelden. Meldet dagegen eine Partei ihre eigenen Kosten erst an, nachdem die Kosten des Gegners festgesetzt worden sind, findet keine Ausgleichung mehr statt. Die jeweiligen Erstattungsansprüche sind dann gesondert festzusetzen. Die Parteien haben insoweit ein freies Wahlrecht, ob sie an der Kostenausgleichung teilnehmen oder ob sie eine einseitige Festsetzung wünschen (LG Frankfurt AGS 2011, 515 = NJW-Spezial 2011, 604 = RVGreport 2011, 391; LG Frankenthal NJW-Spezial 2013, 220).

Darauf hinzuweisen ist allerdings, dass diese Methode der getrennten Kostenfestsetzung nur dann funktioniert, wenn sich der eigene Kostenerstattungsanspruch auch beim Gegner realisieren lässt. Ist der Gegner nicht zahlungsfähig, kann er also den Kostenerstattungsanspruch des Mandanten nicht bedienen, funktioniert diese Methode nicht ohne Weiteres. In diesem Fall kann aber immerhin nach der Festsetzung zugunsten des Gegners gegen dessen Erstattungsanspruch noch mit dem eigenen Kostenerstattungsanspruch die Aufrechnung erklärt werden, da die Aufrechnung mit einem prozessualen Kostenerstattungsanspruch nicht dessen Festsetzung erfordert, sondern nur das Entstehen des Kostenerstattungsanspruchs als solchen (OLG Frankfurt MDR 1984, 148; LG Tübingen NJW 1965, 1608).

c) Kostenausgleichung

Etwas komplizierter wird es, wenn der Mandant sich an der Kostenausgleichung beteiligt. In diesem Fall ist das Quotenvorrecht über Bereicherungsrecht zu lösen.

 

Beispiel 4:

Wie Beispiel 3; jedoch meldet der Kläger seine Kosten gem. § 106 Abs. 1 S. 2 ZPO zur Ausgleichung an.

Es ergibt sich jetzt folgende Kostenfestsetzung:

 
a) Kosten Kläger
1. Anwaltskosten   2.315,69 EUR
2. vorgelegte Gerichtskosten   1.035,00 EUR
3. Parteikosten   57,10 EUR
      3.407,79 EUR
b) Kosten des Beklagten
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG   964,60 EUR
2. 1,2-Te...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?