1. Überblick
Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben worden, dann ergibt sich hinsichtlich der Anwaltskosten und der Parteikosten kein Erstattungsanspruch. Lediglich die Gerichtskosten sind hälftig zu teilen (§ 92 Abs. 1 S. 2 ZPO), so dass sich nur hinsichtlich dieser Position ein Erstattungsanspruch gegen den Gegner ergeben kann.
2. Kein Erstattungsanspruch
a) Überblick
Soweit sich kein Erstattungsanspruch ergibt, etwa weil beide Parteien Gerichtskosten nachzahlen müssen oder zurückerstattet erhalten, kann das Quotenvorrecht nicht greifen, da es untereinander keinen Erstattungsanspruch gibt.
b) Beide Parteien müssen Gerichtskosten nachzahlen
Müssen nach Abschluss des Verfahrens beide Parteien Gerichtskosten nachzahlen, dann können sich weder untereinander noch gegen die Landeskasse Erstattungsansprüche ergeben.
Beispiel 6:
In einem Rechtsstreit zahlt der Kläger die 3,0-Gerichtsgebühr aus dem vorläufigen Streitwert von 5.000 EUR (438 EUR) voraus. Der Beklagte verteidigt sich mit zwei Hilfsaufrechnungen, über die das Gericht entscheidet. Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben. Der Streitwert wird gem. § 45 Abs. 3 GKG auf 15.000 EUR festgesetzt.
Die 3,0-Gerichtsgebühr beträgt 879,90 EUR. Hiervon schuldet der Kläger 439,95 EUR, so dass von ihm noch 1,95 EUR nachzufordern sind. Der Beklagte schuldet weitere 439,95 EUR. Ein Erstattungsanspruch hinsichtlich der Gerichtskosten kommt also nicht in Betracht.
c) Eine oder beide Parteien erhalten Gerichtskosten zurückgezahlt
Erhält eine Partei oder erhalten beide Parteien Gerichtskosten von der Landeskasse zurückerstattet, so ergeben sich ebenfalls keine Kostenerstattungsansprüche untereinander. Es stellt sich dann aber die Frage, ob an den Rückzahlungen der Landeskasse ein Quotenvorrecht geltend gemacht werden kann.
Beispiel 7:
In einem Verfahren (Streitwert 5.000 EUR) hat der Kläger 438 EUR Gerichtsgebühren gezahlt. Beide Parteien haben zudem je 1.000 EUR Vorschuss für einen Sachverständigen eingezahlt. Hiernach schließen die Parteien einen Vergleich, bevor das Gericht den Sachverständigen beauftragt hat.
Angefallen ist jetzt nur eine 1,0-Gebühr i.H.v. 146 EUR. Der Kläger erhält also 1.365 EUR nicht verbrauchte Kosten aus der Landeskasse zurückerstattet und der Beklagte 927 EUR. Ein Erstattungsanspruch gegen den Gegner hinsichtlich der Gerichtskosten kommt dagegen nicht in Betracht.
Die Frage ist jetzt, ob der Kläger an den zurückgezahlten 1.365 EUR ein Quotenvorrecht geltend machen kann. Insoweit ist strittig, ob auch dieser Rückzahlungsanspruch dem Quotenvorrecht unterliegt. Die Rechtsprechung (AG Wetzlar AGS 2007, 115) und Literatur (Harbauer/Schneider, a.a.O., § 17 ARB 2010 Rn 174; Klaus Schneider, a.a.O., Rn 479 a.E.) nehmen dies zum Teil an und machen keinen Unterschied zu den Kostenerstattungsansprüchen.
Nach zutreffender Auffassung handelt es sich hier jedoch lediglich um einen Abrechnungsanspruch, für den § 86 Abs. 1 VVG nicht gilt. Der Anspruchsübergang erfolgt hier nach § 17 Abs. 8 ARB 2010, so dass an dem Auszahlungsanspruch gegenüber der Landeskasse auch kein Quotenvorrecht geltend gemacht werden kann (AG Kempten AGS 2011, 363 = JurBüro 2011, 269 = NJW-Spezial 2011, 381 = RVGreport 2011, 400; LG Heilbronn AGS 2016, 104 = NJW-Spezial 2016, 92).
Diese Auffassung dürfte wohl zutreffend sein, da § 86 Abs. 1 S. 2 VVG ausdrücklich einen Schadenersatzanspruch, also einen Kostenerstattungsanspruch, voraussetzt. Bei dem Anspruch auf Rückzahlung nicht verbrauchter Gerichtskosten handelt es sich aber nicht um einen Erstattungsanspruch, sondern lediglich um ein Abrechnungsguthaben, das dem Versicherer unabhängig von § 86 VVG zusteht bzw. auf ihn übergeht, nämlich nach § 17 Abs. 8 ARB 2010. Dass nur dies richtig sein kann, zeigt sich insb. beim Beklagten.
Es verhält sich hier nicht anders als bei einer überzahlten Anwaltsvergütung. Muss der Anwalt im Nachhinein einen Vorschuss teilweise zurückzahlen oder sogar einen abgerechneten Betrag, etwa weil der Streitwert im Nachhinein reduziert worden ist, greift auch kein Quotenvorrecht.
Reicht der Kostenerstattungsanspruch nicht aus, um die nicht gedeckten Kosten auszugleichen, bleibt der Mandant auf diesen Kosten sitzen.
Beispiel 8:
Der Anwalt hatte nach Abschluss des Verfahrens nach dem gerichtlich festgesetzten Streitwert i.H.v. 15.000 EUR seine Vergütung mit 1.380,40 EUR abgerechnet. Der Rechtsschutzversicherer hat diesen Betrag abzüglich 250 EUR Selbstbeteiligung gezahlt. Auf die Streitwertbeschwerde des Gegners wird der Streitwert auf 5.000 EUR herabgesetzt, so dass sich nur noch eine Vergütung i.H.v. 925,23 EUR ergibt.
Dieser Rückzahlungsanspruch steht gem. § 17 Abs. 8 ARB 2010 dem Rechtsschutzversicherer zu, nicht dem Mandanten. Ein Fall des § 86 Abs. 1 S. 2 VVG ist daher nicht gegeben.
Würde man in diesen Fällen ein Quotenvorrecht bejahen, hätte es der Anwalt in der Hand, durch überhöhte Vorschussanforderungen oder Abrechnungen oder zu hohe Wertangaben bei Gericht Rückzahlungsansprüche zu provozieren, um dann das Quotenvorrecht für den Mandanten ausüben zu können.
3. Erstattungsanspruch gegen den Gegner
Ergibt sich dagegen hinsichtlich der Gerichtskosten ein echter Erstattungsanspruch gegen den Gegner, dann wiederum greift das Quot...