Die Parteien streiten über Arbeitsentgelt. Nach dem schriftlichen Dienstvertrag vom 20.2.2012, der dem Arbeitsverhältnis zugrunde lag, hatte der klagende Arbeitnehmer Anspruch auf ein festes Jahresgehalt sowie auf eine leistungsabhängige Prämie i.H.v. zunächst 15.000 EUR. Die Prämie war bis Ende 2013 garantiert und zahlbar bis zum 31. März des jeweiligen Folgejahres. Ferner war im Dienstvertrag eine zweistufige Ausschlussfrist vereinbart, nach der Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit diesem in Verbindung stehen, zunächst schriftlich gegenüber der anderen Vertragspartei geltend zu machen sind, andernfalls sie verfallen (1. Stufe). Ab dem Jahr 2014 hat der Kläger keine Prämien mehr erhalten. Im November 2015 listete er zur Vorbereitung einer kurz danach geführten Unterredung Gesprächsthemen auf, zu denen auch die Zahlung von Prämien für die Jahre 2014 und 2015 gehörte. Das Gespräch hat ebenso wie ein weiteres Gespräch im Mai 2016 zu keinem Ergebnis geführt. Mit seiner am 17.2.2017 zugestellten Klage hat der Kläger u.a. die Zahlung von Prämien für die Jahre 2014 und 2015 i.H.v. jeweils 15.000 EUR verlangt. Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos (BAG, Urt. v. 17.4.2019 – 5 AZR 331/18, NZA 2019, 1050).
Das Gericht lässt offen, ob überhaupt ein Anspruch auf Prämienzahlung bestand, weil dieser jedenfalls mangels rechtzeitiger Geltendmachung verfallen ist. Es lässt weiter offen, ob die Fälligkeit der Prämienansprüche nach dem Dienstvertrag am 31.3.2015 und 31.3.2016 eingetreten ist oder ob sich der Eintritt der Fälligkeit mangels einer Leistungsbestimmung i.S.v. § 315 Abs. 1 S. 1 BGB durch die Beklagte nach § 315 Abs. 3 S. 2 BGB richtet. Auch im letzteren Fall hätte der Kläger seinen Anspruch auf arbeitgeberseitige Ausübung des Bestimmungsrechts zumindest dem Grunde nach schriftlich geltend machen müssen, um die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist-Regelung zu wahren. Die Regelung der Ausschlussfrist ist wirksam und nicht etwa wegen eines Verstoßes gegen § 3 S. 1 MiLoG insgesamt unwirksam. Da der Dienstvertrag am 20.2.2012 abgeschlossen wurde, handelt es sich um einen sog. Altvertrag, der vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes (16.8.2014) abgeschlossen ist. Für einen solchen nimmt – wie bereits der 9. Senat des BAG, Urt. v. 18.9.2018 – 9 AZR 162/18, NZA 2018, 1619 – auch vorliegend der 5. Senat an, dass es bei der von § 3 S. 1 MiLoG vorgesehenen Teilunwirksamkeit einer "überschießenden" Verfallklausel bleibt, weil eine bei Vertragsschluss transparente Klausel nicht durch eine spätere Änderung der Rechtslage intransparent (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) und damit insgesamt unwirksam wird.
Die Auflistung der Gesprächsthemen vom 23.11.2015 ist keine schriftliche Geltendmachung im Sinne der Ausschlussfrist. Zu einer solchen gehört es, dass der Anspruchsinhaber unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Die Geltendmachung setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Bestimmtheit ersichtlich gemacht wird.
Aufgrund der Umstände des Einzelfalls entschied das BAG ferner, der Beklagten sei es nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die vertragliche Ausschlussfrist zu berufen.
Schließlich führt das BAG aus, der Lauf der ersten Stufe der Ausschlussfrist sei nicht in analoger Anwendung des § 203 S. 1 BGB gehemmt. Selbst wenn in den Gesprächen der Parteien Verhandlungen zu sehen wären, könnte jedoch die Vorschrift nicht entsprechend angewandt werden, da der Kläger bereits die erste Stufe der Ausschlussfrist zur schriftlichen Geltendmachung der Ansprüche nicht eingehalten hat. Das Urteil des Senats vom 20.6.2018 (5 AZR 262/27, NZA 2018, 1402) sei hierauf nicht übertragbar. Der Senat hat dort angenommen, eine einzelvertragliche Verfallklausel nehme mit dem Erfordernis einer gerichtlichen Geltendmachung auf einen vom Verjährungsrecht zur Hemmung der Verjährung zur Verfügung gestellten Tatbestand (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) Bezug, weshalb die Ähnlichkeit von Funktion und faktischer Wirkung es gebiete, auf die Ausschlussfrist diejenigen Verjährungsvorschriften entsprechend anzuwenden, deren Zweck dem Wesen der Ausschlussfrist nicht widerspricht.