I. Einleitung
Die Kündigung ist wohl der Hauptgrund für die Beendigung eines Wohnraummietvertrags. Zeitmietverträge (dazu Hinz WuM 2009, 79) und Aufhebungsverträge (dazu Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl., nach § 542) sind in der Wohnraummiete immer noch äußerst selten. In der Praxis spielen dabei außerordentliche Kündigungsgründe eine große Rolle (zur ordentlichen Kündigung s. Börstinghaus ZAP F. 4, S. 1899). Auch Zeitmietverträge gem. § 575 BGB können aufgrund einer außerordentlichen Kündigung beendet werden (§ 575a BGB). Die Kenntnis der Kündigungstatbestände ist in doppelter Hinsicht von Bedeutung: Zum einen beendet nur eine fehlerfreie Kündigung das Mietverhältnis, zum anderen macht sich der Vermieter bei einer ohne Grund ausgesprochenen Kündigung schadenersatzpflichtig gem. § 280 Abs. 1 BGB (Harsch MietRB 2016, 81; AG Jülich WuM 2006, 562; AG Charlottenburg MM 2003, 91).
Das Gesetz unterscheidet zwischen zwei verschiedenen außerordentlichen Kündigungsrechten:
Auch bezüglich einer außerordentlichen Kündigung ist die Einhaltung aller Formalien erforderlich. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen des Verfassers in ZAP F. 4, S. 1843 und 1867 verwiesen.
II. Kündigungsrechte des Vermieters
1. Außerordentliche fristlose Kündigung
a) Allgemeines
Die außerordentliche fristlose Kündigung ist in § 543 BGB geregelt. Für die Wohnraummiete ist zusätzlich § 569 BGB zu beachten. Diesen Kündigungsgründen liegt i.d.R. eine Leistungsstörung zugrunde, die eine der beiden Mietvertragsparteien zu vertreten hat und die zu einer Unzumutbarkeit hinsichtlich der Fortsetzung des Mietverhältnisses führt.
Die Kündigung aus wichtigem Grund für die Wohnraummiete ist in drei Vorschriften geregelt:
- § 314 BGB: Kündigung aus wichtigem Grund für alle Dauerschuldverhältnisse,
- § 543 BGB: Kündigung aus wichtigem Grund für alle Mietverhältnisse,
- § 569 BGB: Ergänzungsvorschrift zu § 543 BGB nur für die Wohnraummiete.
Gemäß § 569 Abs. 5 BGB ist bei einem Wohnraummietvertrag eine Vereinbarung, nach der der Vermieter berechtigt sein soll, aus anderen als den im Gesetz zugelassenen Gründen außerordentlich fristlos zu kündigen, unwirksam. Deshalb ist zumindest in der Wohnraummiete jede vertragliche Erweiterung des Kündigungsrechts des Vermieters ausgeschlossen. Das ist z.B. der Fall, wenn die Parteien nach einer erfolgreichen Räumungsklage wegen Zahlungsverzugs ein neues Mietverhältnis mit der Bestimmung vereinbaren, dass bei erneutem Zahlungsverzug die Schonfristregelung nicht noch einmal gelten soll (AG Hamburg-Barmbek WuM 2008, 113). Die Parteien können aber die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung präzisieren und auch enger fassen.
Die Bedeutung des § 314 BGB für die Wohnraummiete ist gering. § 543 BGB ist sowohl mit seinem Abs. 1 als auch mit Abs. 2 lex specialis zu § 314 BGB. Dies hat Bedeutung v.a. für die Abwägungskriterien, die in § 543 Abs. 1 BGB in der Wohnraummiete anders gewichtet sind als in der für alle Dauerschuldverhältnisse geltenden Regelung in § 314 BGB (dazu unten d). Auch die Frist zur Ausübung des Kündigungsrechts in § 314 Abs. 3 BGB findet zumindest in der Wohnraummiete bei der Kündigung gem. § 543 BGB keine Anwendung (BGH NZM 2016, 791 = NJW 2016, 3720).
Von besonderer Bedeutung ist das Verhältnis von § 543 Abs. 1 und § 543 Abs. 2 BGB zueinander. Während Abs. 1 die allgemeine Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund enthält, sind in Abs. 2 i.V.m. § 569 BGB spezielle Kündigungsgründe ausdrücklich benannt. Es stellt sich deshalb die Frage, ob die Regelung in Abs. 1 einen generellen Auffangtatbestand darstellt oder einen eng auszulegenden Ausnahmetatbestand. Bedeutung hat dies für die Frage, ob ein Rückgriff auf Abs. 1 zulässig ist, wenn die Voraussetzungen eines ausdrücklich benannten Kündigungsrechts in Abs. 2 nicht vorliegen (dazu Kraemer NZM 2001, 553). Hier gilt folgende Wechselwirkung: Liegen die Voraussetzungen eines ausdrücklich benannten Kündigungsgrundes des Abs. 2 oder des § 569 Abs. 1 oder Abs. 2 vor, dann müssen die Voraussetzungen des § 543 Abs. 1 BGB nicht noch zusätzlich geprüft werden. Es hat insb. keine Interessenabwägung stattzufinden (BGH NZM 2009, 431 = NJW 2009, 2297). Eine Ausnahme gilt für die Kündigung gem. § 569 Abs. 2 BGB, wo dies ausdrücklich vorgesehen ist. Ist Gegenstand einer Kündigung ein Sachverhalt, der in § 543 Abs. 2 und § 569 Abs. 1 und Abs. 2 BGB geregelt ist, so ist ein Rückgriff auf § 543 Abs. 1 BGB dann nicht möglich, wenn der benannte Kündigungsgrund wegen Fehlens eines Tatbestandsmerkmals nicht erfüllt ist. Die benannten Kündigungsgründe haben insofern eine Sperrwirkung.
Handelt es sich um einen Lebenssachverhalt, der in § 543 Abs. 2 oder § 569 Abs. 1, 2 oder 2a BGB nicht geregelt ist, dann ist § 543 Abs. 1 BGB als Auffangtatbestand zu prüfen. Dem Kündigungsgrund muss ein ähnliches Gewicht zukommen, wie e...