Nach § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 MuSchG ist die Kündigung gegenüber einer Frau während ihrer Schwangerschaft unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft bekannt war, oder sie ihm innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt worden ist. § 17 Abs. 2. S. 1.MuSchG sieht vor, dass ausnahmsweise die Kündigung unter den dort genannten Voraussetzungen für zulässig erklärt werden kann. § 17 Abs. 1 MuSchG enthält ein gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB. Eine Kündigung unter Verstoß gegen dieses Verbot ist gem. § 134 BGB nichtig.
In dem vom BAG am 27.2.2020 – 2 AZR 498/19, NZA 2020, 721 (mit Anm. Gundel ZAT 2020, 78) – entschiedenen Fall hatten die Parteien einen unbefristeten Arbeitsvertrag am 9./14.12.2017 über die Aufnahme einer Tätigkeit der Klägerin ab dem 1.2.2018 abgeschlossen. Es war eine Probezeit von 6 Monaten vereinbart, während dieser das Arbeitsverhältnis beidseits mit einer Frist von 2 Wochen gekündigt werden konnte. Ferner war die Klägerin verpflichtet, bereits in der Zeit vom 27. bis zum 29.12.2017 für eine tägliche Arbeitszeit von mindestens 5 Stunden auf Abruf zur Verfügung zu stehen. Mit Schreiben vom 18.1.2018 informierte die Klägerin den Beklagten darüber, bei ihr sei eine Schwangerschaft festgestellt, ferner sei mit sofortiger Wirkung ein komplettes Beschäftigungsverbot attestiert worden. Der Beklagte kündigte "das bestehende Arbeitsverhältnis" mit Schreiben vom 30.1.2018 zum 14.2.2018. Mit der Klage begehrt die Klägerin die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung.
Das BAG entschied, das Kündigungsverbot nach § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 MuSchG gelte auch für eine Kündigung vor der vereinbarten Tätigkeitsaufnahme. Dies ergebe eine Auslegung der Norm. Zwar sei der Gesetzeswortlaut nicht eindeutig. Jedoch lege bereits die Gesetzessystematik ein Verständnis nahe, wonach es nur auf das Bestehen eines auf Beschäftigung i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV gerichteten Rechtsverhältnisses ankomme. Jedenfalls sei nach dem Normzweck des Kündigungsverbots in § 17 Abs. 1 S. 1 MuSchG für dessen Eingreifen die Bekanntgabe einer bestehenden Schwangerschaft nach Abschluss des Arbeitsvertrages ausreichend. Die Aufnahme der vereinbarten Tätigkeit sei hierfür nicht erforderlich.
Wie das BAG weiter ausführt, stehe diese Auslegung des Kündigungsverbots im Einklang mit dem Unionsrecht. Ob sie darüber hinaus sogar unionsrechtlich geboten ist, lässt das Gericht offen. Schließlich sieht das BAG Grundrechte der Arbeitgeber (die Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG) oder die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) nicht verletzt, da der Eingriff in den Schutzbereich dieser Gewährleistungen durch den verfolgten Zweck gerechtfertigt sei. Inwiefern Grundrechte des Grundgesetzes überhaupt Beurteilungsmaßstab sein können, wenn der Deutsche Gesetzgeber – wie vorliegend – mit dem nationalen Gesetz Unionsrecht umgesetzt hat, kann demnach offenbleiben.