In ihrer Antwort auf mehrere parlamentarische Anfragen hat die Bundesregierung im Oktober ihre aktuellen Erkenntnisse über die "Identitäre Bewegung Deutschlands" (IBD) sowie über die sog. Querdenken-Bewegung geschildert.
Danach ist die Identitäre Bewegung hierarchisch nach den Ebenen Bundesleitung, Regionalgruppen sowie Ortsgruppen gegliedert. Derzeit werden ihr laut Bundesregierung bundesweit etwa 575 Personen zugerechnet. Die Bewegung grenzt sich laut dem Bericht offen vom historischen Nationalsozialismus ab. Symbole und Begriffe, die durch den traditionellen Rechtsextremismus besetzt seien, würden den Angaben zufolge konsequent vermieden. Durch ihr zumindest scheinbar "modernes" Auftreten sei sie insofern auch attraktiv und annehmbar für Personen aus dem bürgerlichen Spektrum.
In fast allen deutschen Ländern sowie im europäischen Ausland existieren regionale Untergruppen bzw. landeseigene identitäre Bewegungen, heißt es in dem Papier weiter. Die lokalen Untergruppen seien unterschiedlich stark aktiv. Zudem gebe es starke Diskrepanzen hinsichtlich der Distanz zur klassischen rechtsextremistischen Szene und neonazistischen Gruppierungen. Auch wenn sich die IBD grds. von Gewalt distanziere und es aktuell nicht zu erwarten stehe, dass sie von diesem Grundsatz abweiche, müsse "vor diesem Hintergrund eine Radikalisierung einzelner Mitglieder oder Sympathisanten der IBD, in Einzelfällen auch ganzer Ortsverbände, insb. angesichts der Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegner, zumindest einkalkuliert werden".
Wie die Bundesregierung ferner ausführt, betreibt die IBD diverse Wirtschaftsunternehmen, etwa Medienagenturen und Finanzdienstleister. Es lägen zudem Erkenntnisse vor, dass die IBD in der Vergangenheit Vereine gegründet habe, deren Bezeichnungen keine Rückschlüsse auf die IBD selbst zuließen, und diese u.a. zum Zwecke der Anmietung von Veranstaltungsörtlichkeiten genutzt habe. Beispielhaft könne die Anmietung einer Unterkunft zur Durchführung eines "Aktivistenwochenendes" der IBD-Regionalgruppe Schwaben im März 2020 in Baden-Württemberg unter der Bezeichnung "Schwäbischer Kulturverein e.V." genannt werden.
Demgegenüber sei die als Reaktion auf die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie entstandene Protestbewegung der sog. Querdenker eine Szene, die einen hohen Grad an ideologischer Heterogenität aufweise. Die Querdenken-Bewegung mit ihren diversen regionalen Gruppen, häufig synonym für diese gesamte Szene stehend, sei deshalb nur ein Akteur unter mehreren, wenngleich durch ihre bundesweiten Aktivitäten in hervorgehobener Position.
Die ideologische Heterogenität der Protestszene bedingt, den Ausführungen der Regierung zufolge, eine Abgrenzung zu den Phänomenbereichen "Rechtsextremismus" sowie "Reichsbürger und Selbstverwalter", da wesentliche Merkmale insb. rechtsextremistischer Ideologie nicht auf alle Akteure des Protestgeschehens übertragbar seien. Aus diesem Grund sei im April 2021 der neue Phänomenbereich "Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates" eingerichtet worden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) beobachte einzelne, besonders relevante Protagonisten der Querdenken-Bewegung. Weder die Querdenken-Bewegung in Gänze noch die Protestszene allgemein seien aber Beobachtungsobjekte des BfV, schreibt die Bundesregierung weiter. Eine quantitative Aussage zu deren Größe und Überschneidungen mit anderen Phänomenbereichen sei aus diesem Grund nicht möglich.
[Quelle: Bundesregierung]