1. Die anerkannten wissenschaftlichen Grundsätze der Mietspiegelerstellung
Voraussetzung für einen qualifizierten Mietspiegel ist, dass er nach den anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden ist. Was unter dem Begriff zu verstehen ist, ist höchst strittig. Das Gesetz geht wie selbstverständlich davon aus, dass es tatsächlich anerkannte wissenschaftliche Grundsätze der Mietspiegelerstellung gibt. Das ist mindestens zweifelhaft. Der Begriff der anerkannten wissenschaftlichen Grundsätze bedarf der Auslegung. Der Gesetzgeber selbst definiert ihn nicht. In keiner Wissenschaft wird gelehrt, wie Mietspiegel zu erstellen sind. Entscheidend ist, dass sich eine Regel aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnis als richtig und unanfechtbar erweist und von der überwiegenden Zahl der Anwender als richtig anerkannt wird. Dabei taucht zunächst die Frage auf, welche die richtige Wissenschaft ist, auf deren Erkenntnismöglichkeiten abzustellen ist. Die Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft „Mietrechtsvereinfachung” hatte ausschließlich auf die „statistische Wissenschaft” abgestellt. Das ist aber zu eng. Die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ist keine ausschließlich empirische Tätigkeit. Der Mietspiegel soll als Ergebnis die ortsübliche Vergleichsmiete widerspiegeln. Der Begriff der ortsüblichen Vergleichsmiete ist empirisch-normativ zu verstehen. Es müssen zahlreiche normative Entscheidungen getroffen werden. Dies betrifft nicht nur die Einordnung der konkreten Wohnung in einem Mietspiegel, sondern bereits die der Mietspiegelerstellung vorangehende Datenerhebung. Welche Mieten sollen in der Gemeinde überhaupt ermittelt werden, wie werden sie gewichtet, welche Mieten werden ausgeschlossen? All dies sind keine Fragen der Statistik, sondern juristische Fragestellungen. Ein nach den wissenschaftlichen Grundsätzen der Statistik richtig erstellter Mietspiegel kann ohne Weiteres nach juristischen Kategorien falsch sein. Deshalb müssen zumindest auch die wissenschaftlichen Grundsätze der Rechtswissenschaft beachtet werden.
Wegen dieses Streits wollte die Bundesregierung die Definition des qualifizierten Mietspiegels vereinfachen und den Begriff „anerkannt” streichen. Der bisherige Ansatz der Anerkennung der wissenschaftlichen Grundsätze habe sich nicht bewährt. Eine gefestigte Rechtsprechung habe sich in den 20 Jahren auch nicht entwickelt. Vor allem sei unklar, von wem die wissenschaftlichen Grundsätze anzuerkennen sind. Das Ministerium wollte nur die Einhaltung der Vorgaben der neuen Mietspiegelverordnung vorschreiben. Diesen Vorschlag hat der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages (BT-Drucks 9/31106 S. 6) aber aus dem Gesetz wieder gestrichen. Er wollte an dieser etablierten Formulierung festhalten, um einem möglichen Umkehrschluss vorzubeugen, wonach die Anforderungen an die wissenschaftlichen Grundsätze zukünftig niedriger sein könnten.
Hinweis:
Qualifizierte Mietspiegel müssen also weiterhin nach den anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen der Mietspiegelerstellung aufgestellt werden.
2. Der Mietspiegelersteller
Mietspiegel sind bisher von der Gemeinde – oder den Interessenverbänden – aufzustellen. Diese Gemeindezuständigkeit ist vor der Föderalismusreform 2006 geschaffen worden. Seit der Föderalismusreform dürfen jedoch gem. Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG den Gemeinden und Gemeindeverbänden keine Aufgaben mehr durch Bundesgesetz übertragen werden. Soweit bisherige Regelung nach Art. 125a Abs. 1 GG weiter fortgelten, bestand eine Unsicherheit, ob dies auch nach den inhaltlichen Änderungen durch das Gesetz noch gilt. Deshalb sind Mietspiegel jetzt von der „nach Landesrecht zuständigen Behörde” aufzustellen. Der Rechtsausschuss hält es aber für erstrebenswert und zielführend, wenn die Mietspiegel weiterhin möglichst auf kommunaler Ebene erstellt werden. Dies sichere den erforderlichen lokalen Bezug von Mietspiegeln und damit eine hohe Akzeptanz dieser Mietspiegel. Hierdurch würde das gesetzgeberische Ziel am besten umgesetzt.
3. Die neue Pflicht zur Erstellung von Mietspiegeln
Nachdem Mietspiegel seit 1978 als Begründungsmittel für ein Zustimmungsverlangen eingeführt worden waren, hat der Gesetzgeber 1982 durch das „Gesetz zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen” (BGBl I 1982, S. I 1912) in § 2 Abs. 5 MHG bestimmt, dass Gemeinden einen „Mietspiegel aufstellen sollen, soweit hierfür ein Bedürfnis besteht und dies mit einem für sie vertretbaren Aufwand möglich ist”. In der Begründung (BT-Drucks 9/2079 S. 17) heißt es nur kurz, dass hierdurch gewährleistet werden sollte, „dass in Zukunft in verstärktem Maße aktualisierte Mietspiegel zur Verfügung stehen”. Da die Aufstellung mit erheblichem Kostenaufwand verbunden sei und die Bedürfnisse hierfür in den einzelnen Gemeinden recht unterschiedlich seien, wurde nur ein Sollvorschrift eingeführt.
Diese Beurteilung hat sich aber seit Einführung der sog. Mietpreisbremse erheblich verändert. Hier müssen die Mietvertragsparteien vor Abschluss des Vertrags die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete ermitteln, um hierauf 10 % hinzuzurechnen. In Gemeinden, in denen es gar keinen Mietspiegel gibt oder der Mietspiegel für die konkrete V...