Sorgfaltspflichten bei Versendung von elektronischen Dokumenten über das beA
Die hier zu referierende Entscheidung des BSG beleuchtet Sorgfaltspflichten, die bei der Signatur elektronischer versandter Dokumente im SGG-Verfahren einzuhalten sind, was gleichermaßen für das arbeitsgerichtliche Verfahren gilt.
Im sozialgerichtlichen Verfahren besteht gem. § 65a SGG für Rechtsanwälte die Möglichkeit, den Gerichten elektronische Dokumente auf einem sicheren Übermittlungsweg zuzuleiten. Gleiches gilt nach der entsprechenden Vorschrift in § 46c ArbGG für das erstinstanzliche arbeitsrechtliche Verfahren, für das Berufungs- und Revisionsverfahren gilt dort die dem § 46c ArbGG wortgleiche Vorschrift des § 130a ZPO, die über § 72 Abs. 5 ArbGG anwendbar ist.
Ein geeigneter Weg stellt nach § 65a Abs. 4 Nr. 2 SGG (§ 43a Abs. 4 Nr. 2 ArbGG) die Übermittlung zwischen dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) und der elektronischen Poststelle des Gerichts dar. Ist ein elektronisches Dokument nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) der verantwortenden Person versehen, ist es von dieser einfach zu signieren und auf dem sicheren Übermittlungsweg einzureichen, § 65a Abs. 3 S. 1 SGG (gleichlautend: § 130a Abs. 3 S. 1 ZPO und § 46c Abs. 3 S. 1 ArbGG). Die einfache Signatur meint die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, z.B. als maschinenschriftliche Namenszug unter dem Schriftsatz oder als eingescannte Unterschrift. Für die maschinenschriftliche Unterzeichnung ist zwar weder vorgeschrieben, dass (auch) ein Vorname zu verwenden ist, noch dass die Bezeichnung „Rechtsanwälte” wiedergegeben wird. Erforderlich ist aber zwingend die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes – z.B. durch einen maschinenschriftlichen Namenszug oder durch eine eingescannte Unterschrift (s. BAG, Beschl. v. 14.9.2020 – 5 AZB 23/20, NJW 2020,3476, Rn 14 ff.; zu der Entscheidung Sartorius/Gundel ZAP F. 17 R, 1045 f.).
Die Signatur soll sicherstellen, dass die von dem sicheren Übermittlungsweg ausgewiesene Person mit der Person identisch ist, welche mit der wiedergegebenen Unterschrift die inhaltliche Verantwortung für das elektronische Dokument übernimmt. Fehlt es an dieser Identität, ist das Dokument nicht ordnungsgemäß eingereicht (s. BAG, Beschl. v. 5.6.2020 – 10 AZN 53/20, NZA 2020, 965, Rn 10 ff.). Ebenso hat nunmehr das BSG entschieden, Beschl. v. 18.11.2020 – B 1 KR 1/20 B, hierzu Keller jurisPR-SozR 9/2021, Anm. 4. Das Gericht folgt demnach der Auffassung des BAG, Beschl. v. 5.6.2020 – 10 AZN 53/20.
In dem hier zur Entscheidung anstehenden Sachverhalt war der Schriftsatz, durch den gegen die Nichtzulassung der Revision in der Berufungsentscheidung beim BSG Beschwerde eingelegt wurde, ausweislich des Transfervermerks dem Gericht mit Schriftsatz aus dem beA eines anderen Anwalts zugeleitet worden, als von dem, der den Schriftsatz durch eingescannte Unterschrift signiert hatte.
Das BSG lehnt es ferner ab, dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 Abs. 1 SGG zu gewähren. Gründe, welche den Kläger daran gehindert haben könnten, die Beschwerde rechtzeitig beim Gericht einzulegen, seien nicht vorgetragen. Ein etwaiger Rechtsirrtum des Anwalts, für den bislang nichts ersichtlich ist, sei regelmäßig nicht unverschuldet.
Im Hinblick auf die tatsächlichen Gegebenheiten des Falls komme (anders als im Verfahren BAG, Beschl. v. 14.9.2020 – 5 AZB 23/20, juris Rn 26 ff., hierzu Gundel/Sartorius ZAP F. 17 R, S. 1046) Wiedereinsetzung auch – trotz eigenen Verschuldens – wegen der Verletzung einer gerichtlichen Fürsorgepflicht nicht in Betracht.
Hinweis:
Bei der Einlegung fristwahrender Schriftsätze über das beA besteht die Verpflichtung, den Versandvorgang im Hinblick auf den Erhalt der automatisierten Eingangsbestätigung – die dem Absender vom Gericht zu erteilen ist, § 65a Abs. 5 S. 1 SGG, gleichlautend: § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO und § 46c Abs. 5 S. 2 ArbGG – zu überprüfen und bei deren Ausbleiben eine erneute Übermittlung zu veranlassen. Ferner ist das in der Kanzlei zuständige Personal anzuweisen, stets den Erhalt der Eingangsbestätigung zu kontrollieren, so das BAG (Beschl. v. 7.8.2019 – 5 AZB 16/19, NZA 2019, 1237, s. hierzu die Besprechung von Sartorius/Gundel ZAP F. 17 R 1002 ff.). Durch Urt. v. 11.5.2021 – VIII ZB 9/20, NJW 2021, 2201 (hierzu Schwenker jurisPR-BGH ZivilR 15/2021, Anm. 1) hat der BGH unter Hinweis auf den o.g. Beschluss des BAG ebenso entschieden.